Markenrecht in Zeiten von Corona: Abmahnung für „Spuckschutz“

Als Anfang April 2020 die Meldung die Runde machte, dass Anwälte die Hersteller selbst genähter Masken abmahnen würden, war die Aufregung groß. Zwar stellte sich schnell heraus, dass diese Berichte mindestens übertrieben falsch waren. Doch bereits kurz darauf geisterte eine neue Schlagzeile durch die Medien: Ein österreichisches Unternehmen habe sich den Begriff „Spuckschutz“ als Marke eintragen lassen und mahne nun deutsche Hersteller u.a. von Plexiglasschutzscheiben für z.B. Supermarktkassen ab. Was zunächst nach einem eher unpassenden Aprilscherz klingt, entspricht jedoch der Wahrheit und basiert auf einer rechtlichen Grundlage.

Was war passiert?

Bereits Ende März 2020 berichteten österreichische Medien über Anwaltsschreiben der Inhaberin der Marke „Spuckschutz“ an verschiedene Hersteller und Händler von Glas- und Kunststoffscheiben. Darin forderte das Unternehmen Unterlassung und Beseitigung der Verwendung des Begriffs „Spuckschutz“ sowie die Zahlung einer Summe von EUR 15.000,00 als Schadensersatz. Mit „Spuckschutz“ sind in diesem Zusammenhang Vorrichtungen aus Glas oder Kunststoff gemeint, die vor allem im Einzelhandel ausliegende Ware vor einem Kontakt mit Kunden schützen sollen - in Zeiten der Corona-Krise ein aktuelles Thema mit entsprechender Nachfrage. Mittlerweile mahnt das österreichische Unternehmen auch Betriebe in Deutschland ab, die solche als „Spuckschutz“ bezeichnete Vorrichtungen vertreiben.

Tatsächlich handelt es sich weder um eine Betrugsmasche noch um eine Geschäftsidee von Abmahnanwälten zur Ausnutzung der gegenwärtigen Lage. Das österreichische Unternehmen hatte die Marke „Spuckschutz“ bereits 2002, also unabhängig von den aktuellen Entwicklungen aufgrund der Ausbreitung des Corona-Virus, beim Österreichischen Patentamt (ÖPA) angemeldet. Seit August 2014 ist auch eine entsprechende Unionsmarke eingetragen, womit Markenschutz auf die gesamte EU und damit auch auf Deutschland gewährt wurde. Die nun ausgesprochenen Abmahnungen wegen der Verwendung der Bezeichnung „Spuckschutz“ dienen also der Verteidigung einer seit längerem eingetragenen Marke.

Beschreibender Charakter

Die abgemahnten Unternehmen hingegen wundern sich allerdings vor allem, warum der Begriff „Spuckschutz“ überhaupt jemals als Marke zugunsten eines Unternehmens monopolisiert werden konnte. Immerhin handele es sich um eine reine Beschreibung des Produkts, welches eben Schutz vor Spucke bieten solle. Dieser Ansatzpunkt ist juristisch nicht verkehrt: Das nationale sowie das EU-Markenrecht lassen grundsätzlich keine deskriptiven Bezeichnungen zum Markenschutz zu. Der Gesetzgeber geht nämlich davon aus, dass die Allgemeinheit ein Interesse daran habe, dass beschreibende Begriffe von allen und nicht nur einem Unternehmen frei genutzt werden dürften. Anderenfalls könnten bestimmte Begriffe im geschäftlichen Verkehr monopolisiert werden. Gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. c) der Unionsmarkenverordnung gilt daher ein Eintragungshindernis für solche Marken, die ausschließlich aus Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Ware dienen.

Das könnte hier der Fall sein: Für den durchschnittlichen Verbraucher deutet der aus „spucken“ und „Schutz“ zusammengesetzte Begriff auf ein Produkt hin, dass etwas oder jemanden davor schützen soll, bespuckt zu werden. Auch wenn der erste Gedanke nicht zwingend der Schutz von Auslagen in einem Geschäft sein mag, so würde der durchschnittliche Verbraucher diese Aufsteller ohne Probleme als Spuckschutz erkennen. Mithin wäre eine Nichtigkeit der Marke aufgrund ihres beschreibenden Charakters nicht auszuschließen. Entsprechende Nichtigkeitsverfahren könnten daher von den Abgemahnten angestoßen werden.

Vorsicht ist dennoch geboten: Produktnamen sollten krisenfest sein

Unabhängig davon zeigen die Vorgänge um die Verwendung der Bezeichnung „Spuckschutz“ jedoch, dass gerade in Eilsituationen markenrechtliche Fallen lauern können: Unternehmen sind aufgrund der sehr herausfordernden Corona-Krise häufig froh, wenn sie stark nachgefragte Produkte kurzfristig auf dem Markt platzieren können. Bei der Namensgebung für diese Produkte sollten Unternehmen jedoch auch trotz der Eile Vorsicht walten lassen. Eine markenrechtliche Prüfung der gewünschten Bezeichnung kann Abmahnungen verhindern und zu eigenen dauerhaft monopolisierbaren Produktnamen führen. Denn dass auch in Zeiten von Corona Namen nicht Schall und Rauch sind, zeigen die jüngst beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Markenanmeldungen wie z.B. „Corona“, „Corona Survivor 2020“, „Anti Corona Water“, „Fick dich Corona“, „Corona Party“, „Corona-Krise 2020 by Stefan K.“ und „Corona Hero“. Man darf gespannt sein, welche dieser Bezeichnungen als Marke geschützt werden und möglicherweise Grundlage für markenrechtliche Angriffe werden.