Die mit großer Spannung erwarteten Entscheidungen des Finanzgerichts Münster in Sachen Personal- und Sachmittelgestellung an ermächtigte Ärzte und zur Mitarbeiterbeköstigung sind da!

Das Finanzgericht Münster hat in zwei – für Krankenhausträger praxisrelevanten - Entscheidungen vom 13.01.2021 (Az. 13 K 365/17 und 13 K 167/17) in o.g. Fragen entschieden und jeweils die Revision beim BFH zugelassen.

1. Personal- und Sachmittelgestellung

In den Entscheidungen ging es zum einen um die steuerliche Rechtsfrage, ob die Gewinne, die ein steuerbegünstigter Krankenhausträger aus der Personal- und Sachmittelgestellung an ermächtigte Krankenhausärzte zur Behandlung von ambulanten Patienten erzielt, dem ertragsteuerbefreiten Krankenhauszweckbetrieb zuzurechnen sind. Die Finanzverwaltung hat die entsprechenden Gewinne stets dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugerechnet. Zu Unrecht, wie nun das FG Münster entschied. Die erzielten Erlöse aus der Personal- und Sachmittelgestellung einschließlich der Abrechnungstätigkeit für die bei dem gemeinnützigen Krankenhausträger beschäftigten und nach § 116 SGBV persönlich ermächtigten Krankenhausärzte für deren ambulante Behandlung von gesetzlich und privat Versicherten sowie Selbstzahlern einschließlich eines Vorteilsausgleiches sind dem Krankenhauszweckbetrieb nach § 67 AO zuzuordnen und damit ertragsteuerfrei.

Das Gericht ordnet diese Leistungen aufgrund der einschlägigen BFH-Rechtsprechung (Urteile vom 31.07.2013 I R 82/12, BFHE 243, 180, BStBl II 2015, 123 und 06.06.2019 V R 39/17, BFHE 264, 411, BStBl 2019, 651) als eine typischerweise gegenüber den Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses erbrachte Leistung ein, soweit das Krankenhaus zur Sicherstellung seines Versorgungsvertrages zu diesen Leistungen befugt ist und der Sozialversicherungsträger als Kostenträger deshalb grundsätzlich für seine Versicherten zahlen muss.

Das Gericht sieht in zutreffender Weise den notwendigen Zurechnungszusammenhang der ambulanten Behandlungen zum Krankenhauszweckbetrieb nach § 67 AO auch bei einer persönlichen Ermächtigung des Krankenhausarztes nach § 116 SGB V als gegeben an. Wesentlich ist hierbei, dass es sich zum einen um eine (Krankenhaus-)Ambulanz handelt, die zum Krankenhausbetrieb gehört und zum anderen, dass der Arzt als Krankenhausarzt im Rahmen des Krankenhausbetriebes und eben nicht außerhalb des Krankenhauses als niedergelassener Arzt praktiziert. Zudem verfolgt der gemeinnützige Krankenhausträger – so das Gericht - mit diesen Leistungen unmittelbar seinen steuerbegünstigten Satzungszweck (Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens), der auch die ambulante Behandlung von Patienten im Krankenhaus durch hauptberuflich tätige Krankenhausärzte umfasst. Darüber hinaus kann es aus Sicht des Gerichtes keinen Unterschied machen, ob der Krankenhausarzt im Rahmen seiner Dienstaufgabe oder eigenverantwortlich als ermächtigter Krankenhausarzt in genehmigter Nebentätigkeit dieselben ambulanten Leistungen erbringt. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen.

Darüber hinaus verweist das Gericht hinsichtlich des Umfangs des § 67 AO auf die o.g. BFH-Rechtsprechung, wonach es Sinn und Zweck des § 67 AO ist, die Sozialversicherungsträger für ihre Versicherten zu entlasten. Auch wenn ermächtigte Krankenhaus-Ärzte ihre ambulanten Leistungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und nicht gegenüber der Krankenkasse abrechnen, steht dies nach Auffassung des Gerichtes – in zutreffender Weise -  dem nicht entgegen, da die Krankenkassen zur Begleichung der Kosten für die vertragsärztliche Versorgung ihrer Mitglieder an die KV eine Gesamtvergütung nach Maßgabe der Gesamtverträge gemäß § 85 SGB V leisten.

Ferner sehe der BFH, so das FG Münster, in den o.g. Urteilen den Zweck der Entlastung der Sozialversicherungsträger bereits dann als erfüllt an, wenn die gegenüber dem Patienten als Krankenhausbenutzer erbrachten Leistungen der Sicherstellung des Versorgungsauftrages des Krankenhauses dienen und der Sozialversicherungsträger deshalb grundsätzlich für seine Versicherten zahlen muss.

Auch die anteilig auf eine Behandlung von Privatpatienten und Selbstzahlern entfallenden Gewinne aus der Personal- und Sachmittelgestellung an angestellte und ermächtigte Krankenhausärzte unterfallen dem Krankenhauszweckbetrieb nach § 67 AO. Es entspricht dem typisierenden Regelungscharakter des § 67 AO, dass auch diese Patientengruppe und deren Kostenträger von der Zweckbetriebsnorm erfasst werden, wenn sich die berechneten Entgelte ihnen gegenüber im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistungen bewegen, was im Streitfall gegeben war.

Dieser Entscheidung und deren Begründung durch das Finanzgericht Münster ist vollumfänglich zuzustimmen und bringt bei Rechtskraft nicht nur eine steuerliche Entlastung für die betroffenen Krankenhausträger, sondern auch eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung mit sich.

2. Mitarbeiterbeköstigung

Das FG Münster hat zum anderen zu einer weiteren äußerst praxisrelevanten steuerlichen Rechtsfrage Stellung genommen, nämlich ob die Betriebsausgaben im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Krankenhauscafeteria auch dann vollumfänglich dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzurechnen sind, wenn an Krankenhausmitarbeiter zu vergünstigten Preisen Speisen und Getränke abgegeben werden. Die Finanzverwaltung hat hier regelmäßig im Rahmen von Betriebsprüfungen eine Ergebniskorrektur bei der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung vorgenommen und die Cafeteria-Aufwendungen aufgrund der subventionierten Mitarbeiterbeköstigung (als Lohnbestandteil) teilweise dem Krankenhauszweckbetrieb zugerechnet. Das FG Münster ist dieser Rechtsauffassung der Finanzverwaltung weitestgehend gefolgt. Die begünstigte bzw. subventionierte Mitarbeiterbeköstigung in der Cafeteria des Krankenhausträgers führe, so das FG Münster, dazu , dass entstandene Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Cafeteria teilweise in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Krankenhauszweckbetrieb nach § 67 AO stehen und somit nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 3c Abs. 1 EStG „analog“ nicht im Rahmen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Cafeteria“ abgezogen werden dürfen. Dies gilt nach Auffassung des Gerichts sowohl für reine Mitarbeiter-Cafeterien wie auch für solche Betriebe, in denen neben Mitarbeitern auch fremde Dritte beköstigt werden. Im Ergebnis werden somit bestimmte Ausgaben bezogen auf die Mitarbeiterbeköstigung im Bereich der Cafeteria als steuerpflichtigem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ertragsteuerlich nicht anerkannt.

Das Gericht begründet seine Auffassung unter Hinweis auf ein BFH- Urteil (vom 15.01.2015, I R 48/13, BFHE 248,535, BStBl II 2015,713) insbesondere damit, dass die Beurteilung des maßgeblichen Veranlassungszusammenhangs durch die „wertende Selektion von Aufwandsursachen“ gekennzeichnet sei; mehrere Veranlassungszusammenhänge können nach Auffassung des Gerichtes anteilig berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall kommt das Gericht somit zu dem Ergebnis, dass die Aufwendungen der verbilligten Beköstigung insoweit durch den steuerbefreiten Krankenhauszweckbetrieb angefallen seien, wie der Krankenhausträger sich seinen Mitarbeitern hierzu arbeitsrechtlich verpflichtet habe. Die Höhe des prozentualen Entgeltverzichtes gegenüber den Mitarbeitern aufgrund der verbilligten Beköstigung stellt für das Gericht einen hinreichend objektivierten Maßstab dar, um einen bestimmten Anteil der Aufwendungen in der Cafeteria dem Krankenhauszweckbetrieb zuzuordnen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin komme es somit, so das Gericht, nicht auf eine kausale Betrachtung der Aufwandsursachen an , sondern vielmehr auf eine wertende Zuordnung; daher wohl auch die „analoge“ Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG, da diese Vorschrift nur Anwendung finden kann auf Betriebsausgaben, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem Zusammenhang stehen.

Weder das Ergebnis noch die Entscheidungsgründe des FG Münster können u.E. überzeugen. Bereits die „analoge“ Heranziehung des § 3c Abs. 1 EStG begegnet erheblichen steuersystematischen Bedenken, , da steuerfreie Einnahmen - aufgrund der Zuordnung der Cafeteria zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Ganzen – im Streitfall weder dem Grunde noch der Höhe nach vorgelegen haben. Darüber hinaus ist aus unserer Sicht eine gesetzliche Norm für eine etwaige Ausgabenkorrektur nicht erkennbar (die Voraussetzungen für eine verdeckte Gewinnausschüttung, die möglicherweise eine Ergebniskorrektur rechtfertigen könnte, liegen unzweifelhaft nicht vor). Zudem würde hier auch nicht dem im Steuerrecht vorherrschenden Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ausreichend Rechnung getragen; denn der Krankenhausträger kann, die Rechtsauffassung des Gerichts als richtig unterstellt, Betriebsausgaben nicht ertragsteuerlich geltend machen, die bei ihm tatsächlich entstanden sind. Schließlich ist das Urteil u.E. auch mit den Grundsätzen und dem Sinn und Zweck des Gemeinnützigkeitsrecht nicht in Einklang zu bringen. Das Gemeinnützigkeitsrecht will nämlich hinsichtlich der Besteuerung eine Besserstellung bezüglich der steuerbegünstigten Tätigkeiten und gleichzeitig aus Wettbewerbsgründen eine gleichlaufende Besteuerung wie für gewerbliche Unternehmen bei nicht steuerbegünstigten, gewerblichen Aktivitäten sicherstellen. Durch die Auffassung des Gerichtes würde vorliegend jedoch eine Schlechterstellung der steuerbegünstigten Körperschaft gegenüber gewerblichen Unternehmen manifestiert. Die kann und sollte weder gewollt sein, noch ist dieses Ergebnis mit gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundsätzen vereinbar.

Abschließend erfolgt aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht noch der ergänzende (und zutreffende) Hinweis des Gerichts auf die gemeinnützigkeitsrechtlich zulässige Ergebnissaldierung der einzelnen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe nach § 64 Abs. 2 AO, verbunden mit den hierzu bestehenden Verlautbarungen der Finanzverwaltung zu gemeinnützigkeitsrechtlich zulässigen Verlustausgleichsmöglichkeiten (vgl. hierzu AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 Rz. 4 ff.). Durch die Entscheidungen des Finanzgerichtes Münster können durchaus Verschiebungen bei den Ergebnissen der „Vier-Vermögenssphären“ stattfinden. Eine gemeinnützigkeitsrechtliche Prüfung ist hier dringend zu empfehlen, um hierdurch nicht neue Problembereiche entstehen zu lassen.