Paradigmenwechsel: Neuer Krankenhausplan für Nordrhein-Westfalen

Es begann mit dem Gutachten zur Krankenhauslandschaft in Nordrhein-Westfalen, das im September 2019 vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) veröffentlicht wurde. Auf knapp 1000 Seiten empfahlen die Gutachter erwartungsgemäß eine grundlegende Reform der Krankenhausplanung. Die gesetzlich erforderlichen Weichen wurden im März 2021 mit dem dritten Gesetz zur Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes NRW gestellt. Dem Gutachten folgend erfolgt die Krankenhausplanung nicht mehr allein anhand der Bettenzahl. Stattdessen werden medizinische Leistungsbereiche und Leistungsgruppen eingeführt. Nach Präsentation des Entwurfs zum neuen Krankenhausplan Ende August 2021 läuft aktuell das parlamentarische Verfahren, das bis Ende des Jahres abgeschlossen werden soll.

Krankenhausplanung in NRW

Wie schon in der Vergangenheit besteht der Krankenhausplan in Nordrhein-Westfalen aus Rahmenvorgaben (§ 13 KHGG NRW) und regionalen Planungskonzepten (§ 14 KHGG NRW). Während die Rahmenvorgaben im Wesentlichen die Planungsgrundsätze enthalten, ist Aufgabe der regionalen Planungskonzepte, die von Krankenhausträgern und Krankenkassen gemeinsam und gleichberechtigt erarbeitet werden, die Umsetzung dieser Vorgaben auf lokaler Ebene. Außenwirkung erlangen die Rahmenvorgaben erst durch Erlass des Feststellungsbescheides gegenüber dem betreffenden Krankenhausträger (§ 16 KHGG NRW).

Völlig neue Planungssystematik

Der neue Krankenhausplan sieht grundlegende Änderungen bei den Rahmenvorgaben vor. Die Bedarfsermittlung erfolgt zukünftig – wie bereits erwähnt – nicht länger allein anhand der Planungsgröße „Bett“, sondern orientiert sich stärker am tatsächlichen Versorgungsgeschehen als bisher. D. h. der Bedarf wird künftig anhand der jährlichen Fallzahl je medizinischer Leistung ermittelt, auch wenn die Planbettenzahl auch zukünftig – allerdings nur nachrichtlich - im Feststellungsbescheid ausgewiesen sein wird. Zudem wird eine neue Planungssystematik eingeführt. Statt durch 22 Fachabteilungen wird das Leistungsangebot durch 32 Leistungsbereiche (LB) und 64 untergeordnete Leistungsgruppen (LG) dargestellt, die ihrerseits konkrete medizinische Leistungen abbilden. Die Leistungsbereiche orientieren an den Weiterbildungsordnungen für Ärztinnen und Ärzte der Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe (§ 12 Abs. 2 KHGG NRW). Bei den Leistungsgruppen wird zwischen allgemeinen und spezifischen Leistungsgruppen differenziert. Während für die allgemeinen Leistungsgruppen ebenfalls die genannten Weiterbildungsordnungen Maßstab sind, richten sich die spezifischen Leistungsgruppen nach OPS-Codes (§ 301 SGB V) oder anderen geeigneten Merkmalen. Zusätzlich werden jeder Leistungsgruppe konkrete Qualitätsvorgaben zugeordnet (z.B. apparative Ausstattung, fachärztliche Mindestbesetzung, Fallzahlen).

Beispiel: Leistungsbereich „Neurologie“ - verfügt über die  Leistungsgruppen „Allgemeine Neurologie“, „Stroke Unit“ und „Neuro-Frühreha (NNF, Phase B)“

Leistungen, die zu einer Leistungsgruppe gehören, dürfen nur erbracht werden, wenn der Feststellungsbescheid für das Krankenhaus eine entsprechende Zuweisung vorsieht, zu der auch der Leistungsumfang, d.h. die Versorgungskapazität in Ist und Soll, gehört. Damit stellen die Leistungsgruppen das zentrale Steuerungselement der neuen Krankenhausplanung dar.

Besondere Angebote, wie z.B. Infektiologie oder Strahlentherapie, werden außerhalb der Systematik von Leistungsbereichen und Leistungsgruppen beplant.

Stärkung der flächendeckenden Versorgung

Erklärtes Ziel des neuen Krankenhausplans, der eine kleinteilige Steuerung der Versorgung vorsieht, ist nicht nur der Abbau von Überkapazitäten in Ballungsgebieten, sondern ebenso der Erhalt einer flächendeckenden Grundversorgung auch auf dem Land. Aus diesem Grund sehen die Rahmenvorgaben zum Krankenhausplan ausdrücklich vor, dass die Erreichbarkeit von Krankenhäusern mit den Leistungsgruppen “Allgemeine Innere Medizin“ und „Allgemeine Chirurgie“ innerhalb von 20 Minuten Fahrzeit für 90 % aller Bürgerinnen und Bürger in NRW zu gewährleisten ist. Dazu gehört auch die Versorgung mit intensivmedizinischen Behandlungsplätzen.


Fazit

Unter der neuen Systematik wird sich die Krankenhauslandschaft spürbar verändern, und schon bald müssen sich alle Krankenhäuser neu um ihren Versorgungsauftrag “bewerben“. Nachdem mit dem Landesausschuss für Krankenhausplanung das gemäß § 15 Abs. 3 KHGG NRW erforderliche Einvernehmen hergestellt wurde, wurde der Entwurf dem zuständigen Landtagsausschuss zwecks Anhörung für seine Sitzung am 29.09.2021 vorgelegt (§ 13 Abs. 3 KHGG NRW). Anfang 2022 sollen die regionalen Planungsverfahren durch die Bezirksregierungen angestoßen werden.