BSG: Behandlungsleitung bei intensivmedizinischer Komplexbehandlung

Zu Beginn dieser Woche entschied das BSG zur Frage der Behandlungsleitung bei der Kodierung intensivmedizinischer Komplexbehandlung (OPS 8-980). Angesichts der Aktualität liegt bislang nur der auf der Homepage des Bundessozialgerichts veröffentlichte Terminbericht vor (Urteil vom 25.06.2024, Az. B 1 KR 20/23 R).

Der Fall

Die Versicherte der beklagten Krankenkasse wurde von Dezember 2015 bis Februar 2016 im Krankenhaus des Klägers vollstationär behandelt. Der Kläger rechnete die Behandlung gegenüber der Krankenkasse nach Maßgabe der Fallpauschale L36Z ab und verschlüsselte den OPS 8-980.20 für eine intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur). Den Rechnungsbetrag in Höhe von ca. 25.000 € zahlte die Krankenkasse unter Vorbehalt. Im Anschluss an eine Prüfung durch den MDK verrechnete sie später ca. 13.000 € mit verschiedenen unstreitigen Forderungen des Klägers. Die Krankenkasse argumentierte, dass die Kodierung des OPS 8-980 eine lückenlose Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit Zusatzbezeichnung „Intensivmedizin“ an Wochenenden, Feiertagen und in der Urlaubszeit erfordere, diese im streitigen Fall jedoch nicht belegt sei. Dem widersprach der Kläger und trug vor, dass der Begriff „Behandlungsleitung“ mit der 24-stündigen Anwesenheit eines Behandlungsleiters nicht gleichzusetzen sei. Die regelmäßige Anwesenheit montags bis freitags sei ausreichend und eine lückenlose Anwesenheit oder Erreichbarkeit für den Begriff der Behandlungsleitung nicht erforderlich.
Der Kläger zog vor das SG Dresden – ohne Erfolg (Urteil vom 04.11.2020, Az. S 18 KR 531/18). Auch in der Berufungsinstanz vor dem Sächsischen Landessozialgericht unterlag der Kläger (Urteil vom 14.6.2023, Az. L 1 KR 539/20). Das Gericht ließ die Revision zum Bundessozialgericht zu, über die jetzt entschieden wurde.

Die Entscheidung

Nach Ansicht des 1. Senats des BSG erfordert die von OPS 8-980 (Version 2015) verlangte Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der Zusatzbezeichnung „Intensivmedizin“ bei einer intensivmedizinischen Behandlung, dass ein solcher Facharzt mindestens einmal täglich persönlich auf der ITS anwesend ist und im Übrigen eine durchgehende Rufbereitschaft besteht. Dies folge aus einer eng am Wortlaut orientierten und durch systematische Erwägungen unterstützten Auslegung des OPS 8-980, so das Gericht. Dabei seien auch die Besonderheiten einer intensivmedizinischen Behandlung zu berücksichtigen, bei der behandlungsleitende Entscheidungen auch unvorhergesehen zu jeder Zeit kurzfristig erforderlich werden könnten. Da die beiden auf der ITS des Klägers dienstplanmäßig tätigen Fachärzte mit der Zusatzbezeichnung „Intensivmedizin“ während der Behandlung an einem Wochenende von Freitagnachmittag bis Montagfrüh beide nicht im Dienst gewesen seien, hätten sie die Behandlungsleitung während dieser Zeit nicht wahrnehmen können, so dass die Voraussetzungen des OPS 8-980 nicht erfüllt gewesen seien. 
 

Fazit
Das Urteil des BSG überrascht nicht. Auch wenn die Entscheidung für die Seite der Krankenhäuser weniger erfreulich ist, so schafft sie jedoch ein Stück mehr Klarheit.