Entwicklung zu § 14c Abs. 1 UStG und Erfordernis der Rechnungskorrektur

Laut Urteil des FG Köln vom 25.07.2023 ist § 14c Abs. 1 UStG in richtlinienkonformer Auslegung dann nicht anwendbar, wenn der unrichtige Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnungen zu keiner Gefährdung des Steueraufkom-mens geführt hat. Sollte die richtlinienkonforme Auslegung nicht möglich sein, so kann sich der Steuerpflichtiger auf die unmittelbare Anwendung des Art. 203 der Richtlinie 2006/112/EG, sog. Mehrwertsteuersystemrichtlinie, berufen, sofern er dies beantragt hat (Orientierungssätze des Gerichts).

Hintergrund

Zahlreiche Krankenhausträger haben sich seit geraumer Zeit im Zusammenhang mit Medikamentenlieferungen an ambulant behandelte Patienten mit den Fragen des in diesem Zusammenhang anwendbaren Umsatzsteuersatzes zu befassen. In der Folge der einzelnen bereits geklärten Feststellungen stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen die Rückerstattung der Umsatzsteuer seitens des Finanzamts beantragt und ggf. erfolgen kann. In diesem Zusammenhang war der Anstoß die erste Rechtsprechung bzgl. des richtigen Umsatzsteuersatzes auf die individuell hergestellten und gelieferten Zubereitungen. Aktuell drehen sich die überwiegenden Streitpunkte um die Lieferung von sog. Fertigarzneimittel an die ambulant behandelten Patienten.

Werden die Fragen des richtigen Umsatzsteuersatzes gelöst, stellt sich als Folgefrage: Unter welchen Bedingungen die Rückerstattung der zu viel angemeldeten und an das Finanzamt abgeführten Umsatzsteuer erfolgen kann. Diese Frage beschäftigt die Krankenhausträger im Falle des offenen Umsatzsteuerausweises in Rechnungen für die Lieferung der individuell hergestellten Medikamente sowie der sog. Fertigarzneimittel gleichfalls. 

Die Finanzverwaltung beharrte bisher in diesen Fällen unter Verweis auf § 14c Abs. 1 UStG darauf, dass ein Rückerstattungsanspruch des Leistungserbringers – hier Krankenhausträger – gegenüber der Finanzverwaltung erst nach der Erstellung und dem Versand einer korrigierten Rechnung sowie Erstattung des entsprechenden Steuerbetrages an die Leistungsempfänger erfolgen kann. Dem könnte die aktuelle Rechtsprechung auf europäischer und nationaler Ebene entgegenstehen und ein Umdenken in der Praxis der Finanzverwaltung bewirken.     

Entscheidung

In einer Entscheidung vom 25.07.2023 hat das Finanzgericht Köln (Az. 8 K 2452/21) im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit ohne Krankenhausbezug grundsätzliche Ausführungen zum Anwendungsfall des § 14c Abs. 1 UStG gemacht. 

Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH vom 08.12.2022 (Az. C-378/21) und die Folgeentscheidung des österreichischen Bundesfinanzgerichtes vom 27.01.2023 (GZ.RV/7100930/2021) vertritt das Finanzgericht Köln die Ansicht, dass sich bei richtlinienkonformer Auslegung des § 14c Abs. 1 UStG keine Steuerschuld ergibt, wenn der unrichtige Ausweis der Umsatzsteuer zu keiner Gefährdung des Steueraufkommens führt. Dies liegt insbesondere in den Fällen vor, so das Gericht weiter, in denen der Empfänger der Rechnung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (Rdnr. 161-182). Folge einer richtlinienkonformen Auslegung des § 14c Abs. 1 UStG wäre dann, dass keine Korrekturhandlungen (Versand korrigierter Rechnungen und Erstattung des Steuerbetrages an Leistungsempfänger) zum Erlangen des Erstattungsbetrags erforderlich sind.

Sollte § 14c Abs. 1 UStG nicht richtlinienkonform interpretierbar sein, so ist nach Auffassung des Finanzgerichts Köln eine unmittelbare Anwendung des Art. 203 MwStSystRL möglich, wenn diesbezüglich ein Antrag des Steuerpflichtigen vorliegt.  

Übertragen auf die Krankenhausträger hätte dies zur Folge, dass in den Fällen, in denen die Rechnungen für die Medikamentenlieferungen mit einem unrichtigen Umsatzsteuersatz erstellt wurden und die Empfänger der Rechnungen nicht vorsteuerabzugsberechtigte Dritte sind, z.B. Privatpersonen oder Krankenversicherungsträ-ger, unter Berufung auf die Ausführungen des Finanzgerichts Köln eine Erstattung der Umsatzsteuer, ggf. unter Anrechnung der Vorsteuer, ohne weitere Korrekturhandlungen beantragen könnten.      

Reaktion der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung hat gegen die Entscheidung des Finanzgerichts Köln Revision eingelegt, die unter dem Aktenzeichen V R 16/23 beim BFH anhängig ist. Inwiefern die Ausführungen des Gerichts zu der Auslegung des § 14c Abs. 1 UStG davon erfasst sind, ist nicht ersichtlich. 

Ein gesondertes Schreiben oder Äußerung der Finanzverwaltung bzgl. der Entscheidung des EuGH sowie die Folgeentscheidungen des österreichischen Bundesfinanzgerichts und des Finanzgerichts Köln ist bis heute noch nicht erfolgt. Dem Vernehmen nach soll jedoch zeitnah ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen zu dem Anwendungsbereich des § 14c UStG unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung erlassen werden.

Empfehlung:

Für Krankenhausträger ist die vorliegende Entscheidung des Finanzgerichts Köln im Rahmen der oben genannten Konstellationen eine erfreuliche und hilfreiche Grundlage für die Argumentation in entsprechenden Fällen. Jetzt bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung ihre Auffassung so bald wie möglich kundtut, um die Klarheit und Rechtssicherheit in den zahlreichen offenen Fällen herbeizuführen.