​BFH-Entscheidung zum Umsatzsteuersatz für Blut- und Gewebetransporte

 Im Folgenden sind der Sachverhalt sowie die relevanten Entscheidungsgründe in verkürzter Form dargestellt.

Der Fall

Der Kläger, ein als gemeinnützig anerkannter Verein, hatte unter anderem als Satzungszweck, verletzten, kranken und behinderten Menschen Hilfe zu leisten und eine Transportmöglichkeit mit vereinseigenen Fahrzeugen zu schaffen. In seiner Umsatzsteuererklärung meldete er u.a. die Umsätze aus Blut- und Gewebetransporten zwischen Arztpraxen oder Krankenhäusern und Laboren, welche auf der Grundlage von vertraglichen Beziehungen mit diesen Trägern erfolgten. Rechtsbeziehungen mit den jeweiligen Patienten bestanden nicht. Teilweise wurden diese Transporte im Rahmen einer eiligen Notfallbehandlung unter Einsatz von Blaulicht durchgeführt.

Der Verein meldete die Umsätze aus den Blut- und Gewebetransporten mit ermäßigtem Umsatzsteuersatz in der Erklärung an. Dem folgte das Finanzamt nach einer Außenprüfung nicht und wies die gegen die erlassenen Änderungsbescheide erhobenen Einsprüche zurück. Der dagegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht statt, indem es die streitgegenständlichen Leistungen dem Zweckbetrieb gem. § 66 AO zuordnete und gleichzeitig den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a UStG bejahte.

Die Entscheidung

Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung an das erstinstanzliche Gericht zurückgewiesen. Dabei zeigte das Gericht einzelne bei der Neuprüfung zu beachtenden Punkte auf:

  1.  Im Rahmen der Prüfung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3, 2. Alt UStG ist vorrangig zu prüfen, welche satzungsmäßigen Zwecke in Frage kämen und ob die streitgegenständliche Tätigkeit von dem konkreten Satzungszweck erfasst ist. 
    Sind – wie im Streitfall - weder der steuerbegünstigte Zweck noch die streitgegenständlichen Tätigkeit (Blut- und Gewebetransport) konkret in der Satzung benannt, so hat das Finanzgericht durch die Auslegung der Satzung deren Einbeziehung zu prüfen.
  2. Ist die Alternative 2 des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG nicht anwendbar, so ist im Rahmen des allgemeinen Zweckbetriebs die 1. Alternative des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG und damit zusammenhängende Frage des unmittelbaren Wettbewerbs mit den dem allgemeinen Umsatzsteuersatz unterliegenden Unternehmern zu prüfen. Hier bestätigt das Gericht erneut seine Rechtsauffassung. Bei der Prüfung des unmittelbaren Wettbewerbs kann nach Ansicht des Gerichts in dem streitgegenständlichen Fall die Beurteilung zwischen Notfalltransporten mit Blaulicht und den sonstigen Einsätzen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. 
  3. Ergänzend wies das Gericht darauf hin, dass der Tatbestand „zugutekommen“ im Rahmen des § 66 Abs. 3 AO ein „karitatives Element“ erfordert und dies bei der Prüfung des § 66 AO durch die streitgegenständlichen Transportleistungen zu erfüllen wäre.

Empfehlung

Den steuerbegünstigten Körperschaften, die beabsichtigen, den ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG) in Anspruch zu nehmen, ist zu empfehlen, die eigene Satzung kritisch zu prüfen und die geplante Tätigkeit darunter sorgfältig zu definieren.

Bestanden bisher Zweifel an der Möglichkeit einer Anwendung des ermäßigten Steuersatzes, ist entsprechend dem ergänzenden Hinweis des Gerichts auf den neu geänderten Anhang III Nr. 15 zu Art. 98 MwStSystRL und auf eine damit (eventuell) einhergehende Erweiterung des Tatbestands – so jedenfalls Teile der Lit. - zu achten. Der BFH scheint einem erweiterten Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG eher kritisch gegenüberzustehen.
 

Fazit

Der BFH bestätigt in dieser Entscheidung wiederholt seine Auffassung hinsichtlich des Erfordernisses einer eigenständigen Prüfung der Wettbewerbsverletzung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unabhängig von der ertragsteuerlichen Prüfung des Wettbewerbsgedanken (§ 65 AO).

Der Wortlaut der Satzung, insbesondere die festgelegten Satzungszwecke sowie deren Verwirklichung sind mit besonderer Sorgfalt zu verfassen und stets auf deren Aktualität zu prüfen sowie ggf. an die tatsächliche Tätigkeit des steuerbegünstigten Trägers anzupassen. Nach den Hinweisen des Gerichts ist wohl eine Auslegung nicht ausgeschlossen, sollte jedoch mit Vorsicht berücksichtigt werden.