Für Krankenhäuser stellt die Behandlung nicht versicherter Patienten weiterhin ein Problem dar. Denn sie können ihre Vergütungsansprüche gegenüber dem Sozialhilfeträger nur begrenzt durchsetzen.
§ 25 SGB XII (Sozialhilfe) bestimmt „Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird“. Daraus folgt, dass Ansprüche des Krankenhauses dann nicht mehr auf § 25 SGB XII gestützt werden können, wenn der Sozialhilfeträger Kenntnis von der Notlage der betreffenden Person erlangt hat. Denn sodann setzt ein eigener sozialhilferechtlicher Anspruch des Patienten auf Hilfe bei Krankheit ein.
Doch ist dem Krankenhaus damit ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung der Weg zur Durchsetzung seines Vergütungsanspruchs gegenüber dem Sozialhilfeträger endgültig abgeschnitten? Darf ein Nothelfer Ansprüche des vermeintlich Hilfebedürftigen geltend machen? Mit dieser Fragestellung hatte sich kürzlich der 8. Senat des BSG zu befassen (Urteil vom 06.10.2022, Az. B 8 SO 2/21 R) und gelangte dabei zu einem für die Krankenhausseite wenig erfreulichen Ergebnis.
Der Fall
Das Krankenhaus der Klägerin hatte eine bulgarische Staatsangehörige nachts notfallmäßig stationär aufgenommen. Ca. 40 Minuten nach der Aufnahme – also noch in derselben Nacht – beantragte die Klägerin mit Fax die Übernahme der Kosten der stationären Behandlung beim zuständigen Sozialhilfeträger (Beklagte). Dem Antrag beigefügt war eine in kyrillischer Schrift verfasste und von der Patientin unterschriebene Kostensicherungsvereinbarung. In der Folge versagte die Beklagte die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Gesundheit sowohl gegenüber der Patientin als auch gegenüber der Krankenhausträgerin. Darüber hinaus lehnte sie einen Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die stationäre Behandlung als Nothelferin ab. Dazu führte sie aus, dass die Patientin unter der seinerzeit angegebenen Anschrift unbekannt und in ihrem Stadtgebiet nicht gemeldet sei; das Risiko der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts gehe zulasten des Nothelfers. Gegen sämtliche Ablehnungsbescheide erhob die Klägerin – ausdrücklich auch im Namen der Patientin – Widerspruch, welche die Beklagte zurückwies. Die Klägerin zog vor das Sozialgericht Duisburg und machte dort einen Nothelferanspruch sowie Sozialhilfeansprüche der Patientin geltend. Dazu trug sie vor, zur Geltendmachung in gewillkürter Prozesstandschaft berechtigt zu sein (Anm.: Die gewillkürte Prozesstandschaft bezeichnet die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung fremder Rechte). Das Gericht wies die Klage ab, und auch die Berufung vor dem LSG NRW (Urteil vom 28.4.2021, Az. L 12 SO 61/21) und die Revision vor dem BSG blieben ohne Erfolg.
Die Entscheidung
Einen auf § 25 SGB XII (Nothelfer) gestützten Vergütungsanspruch lehnte das BSG ab. Denn unabhängig davon, ob bei der Patientin überhaupt ein Hilfebedarf (Sozialhilfe) bestanden habe, habe die Beklagte bereits am ersten Behandlungstag Kenntnis von der eventuellen Notlage der Patientin gehabt, so dass Ansprüche der Patientin selbst auf Hilfe bei Krankheit unmittelbar einsetzten. Auch einen aus der Abtretungserklärung (Kostensicherungsvereinbarung) der Patientin hergeleiteten Leistungsanspruch der Klägerin wies das Gericht erwartungsgemäß zurück, da Sozialhilfeansprüche gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht übertragbar sind. Denkbar wäre zwar ein möglicher Freistellungsanspruch der Patientin auf Erstattung der Behandlungskosten (Sekundäranspruch). Doch müsste dieser – um nicht dem Abtretungsverbot zu unterfallen – bereits festgestellt sein. Dies sei jedoch nicht der Fall. Hinsichtlich der von der Klägerin vorgetragenen Prozesstandschaft kam der 8. Senat zu der Entscheidung, dass die Klägerin die Ansprüche der Patientin auch auf diesem Weg nicht geltend machen könne, da andernfalls das für noch nicht festgestellte Ansprüche des Hilfebedürftigen bestehende Abtretungsverbot in § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII unterlaufen würde.
Fazit
Bei Redaktionsschluss lagen die Entscheidungsgründe noch nicht vor und der veröffentlichte Terminbericht ist recht knapp gehalten. Es bleibt daher abzuwarten, welche praxisrelevanten Details das Urteil noch bereithält. Feststeht allerdings bereits jetzt, dass das Urteil den Krankenhäusern die Durchsetzung ihrer berechtigten wirtschaftlichen Interessen nicht erleichtert. Die Leistungserbringer sind daher weiterhin auf eine funktionierende Zusammenarbeit mit dem nicht versicherten Patienten angewiesen, was sich in der Praxis vor allem dann als schwierig erweist, wenn der Krankenhausaufenthalt nur von kurzer Dauer ist.
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