Urteil des OVG Münster zum Kommunalabgabenrecht nicht rechtskräftig: Was prüft das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde?

Ausgangslage

Mit Urteil vom 17. Mai 2022 (Az.: 9 A 1019/20) hat das Oberverwaltungsgericht Münster (im Folgenden: „OVG Münster“) in einer kommunalabgabenrechtlichen Streitigkeit seine jahrzehntelang bestätigte Rechtsprechung zur gebührenrechtlichen Ansatzfähigkeit von Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen grundsätzlich revidiert. Demnach widerspreche der gleichzeitige Ansatz einer Abschreibung des Anlagevermögens auf der Basis seines Wiederbeschaffungszeitwertes sowie einer kalkulatorischen Nominalverzinsung dem gesetz-lich vorgeschriebenen Kalkulationszweck (Sicher-stellung der dauerhaften Betriebsfähigkeit der öffentlichen Einrichtung Abwasserbeseitigung), da hiermit ein unzulässiger doppelter Inflationsausgleich einhergehe.

Auf die Kommunen und ihre kommunalen Betriebe in Nordrhein-Westfalen kommt viel Arbeit zu: Diese müssen nun prüfen, ob die Kalkulationen der eigenen Gebührenbescheide mit den neuen Vorgaben des OVG Münster vereinbar sind oder angepasst werden müssen.

Keine Rechtskraft

Das Urteil des OVG Münster ist bisher jedoch nicht rechtskräftig. Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: „BVerwG“) hat dieses zwar nicht zugelassen, die beklagte Kommune hat jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde zum BVerwG erhoben (siehe hier: Nicht-Zulassungsbeschwerde gegen OVG-NRW-Urteil – Kommunen in NRW).

Hierbei ist in Erinnerung zu rufen, dass die seit dem Jahr 1994 geltende und nunmehr geänderte Rechtsprechung des OVG Münster vom BVerwG nicht beanstandet und eine seinerzeit eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden ist (Beschluss vom 10. Mai 2006 - 10 B 56.05). Das BVerwG stellte seinerzeit fest, dass das angefochtene Urteil auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht beruhe, das revisionsgerichtlicher Kontrolle nicht unterliege.

Insofern wird es entscheidend darauf ankommen, ob es der beschwerdeführenden Kommune gelingen wird, gegen die Entscheidungsgründe des aktuellen Urteils vom 17. Mai 2022 eine Frage revisiblen (Bundes-)Rechts aufzuwerfen.

Die Anforderungen hieran sind sehr hoch:

So gilt nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG als geklärt, dass sich die Bestimmung der im Rahmen von Gebührenkalkulationen ansatzfähigen Kosten einer öffentlichen Einrichtung entscheidend nach dem jeweiligen landesrechtlichen und damit nicht revisiblen Kostenbegriff richtet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2006 - 10 B 56.05; Beschluss vom 9. September 1997 - 8 B 185.97).

Zudem genüge es nach Auffassung des BVerwG nicht, geltend zu machen, dass das einschlägige Landesrecht von der Vorinstanz unter Verstoß gegen Bundesrecht ausgelegt und angewandt worden ist. „Hinzutreten müsste vielmehr, dass die Auslegung der bundesrechtlichen Maßstabsnormen ihrerseits ungeklärte Fragen von fallübergreifender Bedeutung aufwirft. Aus diesem Grund ist zusätzlich im Einzelnen darzulegen, warum der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den bundesrechtlichen Vorschriften, deren Verletzung gerügt wird, bisher keine Aussagen zu entnehmen sind, die eine bundesrechtskonforme Auslegung und Anwendung des Landesrechts gewährleisten.“ (BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2006 - 10 B 56.05; Beschluss vom 5. November 2001 - BVerwG 9 B 50.01).

Was ist zu tun?

Bis zu einer Entscheidung des BVerwG und zur finalen Klärung der vorliegenden Fragen sollten die örtlichen Entscheidungsträger prüfen, ob aktuelle Gebührenbescheide nur mit einem Vorläufigkeitsvermerk (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG NRW in Verbindung mit § 164 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung) erlassen werden sollten.

Wir beraten bundesweit kommunale Unternehmen und Gebietskörperschaften sowie kommunale Organisationen in allen kommunalwirtschaftsrechtlichen und kommunalabgabenrechtlichen Fragestellungen und vertreten diese vor den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten, Zivilgerichten oder Vergabenachprüfungsinstanzen.

Sie haben Fragen zu unserer Beratung? Wir sind gerne für Sie da.

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