Nach dem im Frühjahr 2020 beschlossenen Mietmoratorium durfte gewerblichen Mietern, die pandemiebedingt mit ihren Mietzahlungen von April bis Juni 2020 säumig waren, nicht wegen Zahlungsverzugs außerordentlich gekündigt werden. Der langen Nachzahlungsfrist bis 30.06.2022 standen jedoch Verzugszinsen gegenüber.
Da bislang Rechtsunsicherheit darüber bestand, ob diese Regelung auch in § 313 BGB auf Mietverhältnisse Anwendung findet, hat der Gesetzgeber mit dem „Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedinger Vorschriften im […] Miet- und Pachtrecht“ vom 22.12.2020 eine Klarstellung zu § 313 BGB zur Unterstützung der Gewerbemieter verabschiedet. Mit dessen Artikel 10 wird im Einführungsgesetz zum BGB eine widerlegliche Vermutung dafür aufgenommen, dass die infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie eingeschränkte Nutzbarkeit gemieteter/gepachteter Grundstücke/Räume eine schwerwiegende Änderung der Vertragsgrundlage darstellt. Die Klarstellung und Vermutungsregel bezieht sich auf zwei der drei Voraussetzungen des § 313 BGB, die schwerwiegende Änderung eines zur Vertragsgrundlage gemachten Umstandes.
Die Auswirkungen der Neuregelung dürften sich in Grenzen halten. Einerseits hatte die Rechtsprechung die allgemein bekannte Pandemiesituation im Einzelfall schon als eine schwerwiegende Änderung der Vertragsgrundlage anerkannt. Andererseits ändert sich angesichts der lediglich bestehenden widerlegbaren Vermutung nur die Darlegungs- und Beweislast. Während bislang der Mieter darlegen und beweisen musste, dass eine schwerwiegende Veränderung der Vertragsgrundlage eingetreten ist, muss nunmehr der Vermieter darlegen und beweisen, dass dies gerade nicht der Fall ist.
Hinweis:
Die letzte Tatbestandsvoraussetzung des § 313 BGB und die Rechtsfolge blieben unverändert. Es ist weiterhin zu prüfen, ob nicht Mieter oder Vermieter das Risiko einer schwerwiegenden Veränderung der Vertragsumstände vertraglich übernommen haben. Auch die Entscheidung, in welchem Umfang eine Anpassung auch der anderen Partei – also dem Vermieter – zumutbar ist, verbleibt bei den Vertragsparteien. Dazu sind – unverändert zu bisher - der konkrete Mietvertrag und alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.
Das im o.g. Gesetz ebenfalls aufgenommene prozessuale Beschleunigungsgebot soll dazu führen, Rechtstreitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter über die Anwendbarkeit von § 313 BGB durch die Gerichte bevorzugt und beschleunigt zu bearbeiten. Die vorgesehene frühzeitige Terminierung des ersten Termins führt jedoch mangels ausreichender Vorbereitungsmöglichkeiten der Vertragsparteien nicht unbedingt zu einer kürzeren Verfahrensdauer. Ob angesichts der pandemiebedingten Einschränkungen überhaupt frühzeitige Gerichtsverhandlungen anberaumt werden können, ist ohnehin sehr fraglich.
Die Klarstellung, wie auch das Mietmoratorium selbst, erfährt insofern Kritik, als die ebenfalls pandemiebeeinflusste Seite der Vermieter weitgehend unbeachtet bleibt. Angesichts meist fremdfinanzierter Immobilien sind Vermieter auf Einnahmen angewiesen, um nicht selbst in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Eine in die Diskussion gebrachte Vermutung für das Vorliegen einer schwerwiegenden Änderung der Vertragsgrundlage auch im Hinblick auf Darlehensverträge mit den Kreditinstituten wurde jedoch nicht umgesetzt.
Hinweis:
Soweit tatsächlich Minderungen, Zahlungsaufschub oder gar der Ausfall von Mietforderungen eingetreten sind, sollten Vermieter an eine Minderung der Grundsteuer denken, für die bis spätestens 31. März des Folgejahres ein Antrag zu stellen ist (§§ 34, 35 GrStG).
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