Die Wirtschafts- und Tourismusförderung ist ein prägender Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge der Kommunen und Regionen. Hierunter fallen wichtige Maßnahmen in den Bereichen des Betriebs von Kongresszentren oder Kultur- und Mehrzweckveranstaltungsorten, der (Start-up)-Unternehmensförderung, des Betriebs von Sportanlagen oder F&E-Einrichtungen, der örtlichen Breitbandinfrastrukturen oder der lokalen Marketing- und Tourismusdienstleistungen.
Sowohl Gebietskörperschaften als auch kommunale Unternehmen, die im Bereich der Wirtschafts- und Tourismusförderung aktiv sind, sind an das Beihilfenrecht gebunden. Gerade im Bereich der kommunalen Wirtschafts- und Tourismusförderung sind nunmehr gesteigerte Anforderungen an eine beihilfenrechtskonforme Finanzierung zu beachten.
Umfassendes Beihilfenverbot
Das Beihilfenrecht verbietet Begünstigungen an Unternehmen, die staatlichen Ursprungs sind, und stellt die Gewährung von Vorteilen grundsätzlich unter einen Genehmigungsvorbehalt der EU-Kommission (sog. Notifizierung). Neben direkten staatlichen Subventionen, wie Investitions-, Betriebsmittel-, Sachkosten oder Gesellschafterzuschüssen, zählen hierzu auch sonstige geldwerte Leistungen, wie unentgeltliche oder verbilligte Darlehen ohne marktübliche Zinszahlung, Bürgschaften und andere kommunale Sicherheiten (Patronatserklärungen, Garantien, Ausfallbürgschaften, etc.), soweit für diese keine marktübliche Provision aufgebracht wird.
Freistellung gemäß DAWI-Vorschriften
Die Freistellung einer Vorteilsgewährung von den beihilferechtlichen Restriktionen kommt im kommunalen Kontext insbesondere auf Grundlage des sog. DAWI-Freistellungsbeschlusses der EU-Kommission für Beihilfen zur Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) in Betracht. Mit der Rechtsfigur der DAWI trägt die Kommission der Erkenntnis Rechnung, dass bestimmte Dienstleistungen ohne staatliche Ausgleichsleistungen wirtschaftlich unrentabel wären und am freien Markt nicht oder in Bezug auf Sicherheit, Bezahlbarkeit und universalem Zugang nur zu anderen Standards durchgeführt würden (Marktversagen). Voraussetzung ist, dass das begünstigte Unternehmen mit der Erbringung von DAWI betraut wurde und der Betrauungsakt den jeweiligen Zuwendungstatbestand dem Grunde und der Höhe nach abdeckt.
Für den Bereich der kommunalen Wirtschafts- und Tourismusförderung hat die Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission unlängst Klarstellungen und wichtige Hinweise für eine beihilfenrechtskonforme Finanzierung veröffentlicht.
Zum einen setzten viele Betrauungsakte die in dem DAWI-Freistellungsbeschluss zwingend geforderten Anforderungen (z. B. ex ante Festlegung der Ausgleichsparameter, Überkompensationskontrolle oder Maßnahmen zur Verhinderung einer Quersubventionierung) nicht hinreichend um, so dass eine Rechtfertigung von Unterstützungsmaßnahmen entfalle.
Zum anderen würden in vielen Fällen die Grenzen einer zulässigen inhaltlichen Festlegung der ausgleichsfähigen DAWI-Leistungen überschritten. Im Allgemeinen beinhaltet die Betrauung mit einer „besonderen öffentlichen Aufgabe“ die Erbringung von Dienstleistungen, die ein Wirtschaftsteilnehmer, der in seinem eigenen kaufmännischen Interesse handelt, nicht oder nicht im gleichen Umfang oder nicht zu den gleichen Bedingungen übernommen hätte. Diese Dienstleistungen müssen im Interesse der Allgemeinheit erbracht werden.
Nach Auffassung der EU-Kommission stellen viele der durchgeführten Tätigkeiten keine genuinen DAWI dar, die im Vergleich zu rein kommerziellen Tätigkeiten besondere Merkmale aufweisen. Insbesondere würden aktuell viele der Dienstleistungen nicht direkt zum Wohle der Bürger oder im Interesse der Gesellschaft als Ganzes erbracht, sondern unterstützen in erster Linie bestimmte lokal tätige Unternehmen. Beispielsweise beziehen sich die Tätigkeiten u. a. allgemein auf den Betrieb von Infrastrukturen wie Kongress- und Veranstaltungszentren, Innovations- und Biotechnologie-Zentren, Beratungsdienste für Unternehmen usw. Dies führe nach Auffassung der EU-Kommission dazu, dass eine Vereinbarkeit der in Rede stehenden Fördermaßnahmen mit den DAWI-Vorschriften nicht überzeugend festgestellt werden kann.
Handlungsbedarf
Viele Betrauungsakte – auch im Bereich der Wirtschafts- und Tourismusförderung - laufen derzeit aus und müssen daher verlängert werden. Der Neuabschluss sollte dazu genutzt werden, notwendige Anpassungen vorzunehmen, die nach Auffassung der EU-Kommission an die beihilfenrechtskonforme Betrauung von Unternehmen im Bereich der kommunalen Wirtschafts- und Tourismusförderung gefordert werden.
Wir unterstützen Ihr Unternehmen bei der Überprüfung von staatlichen Zuwendungen auf ihre Beihilferechtsrelevanz.
- Identifizierung und Prüfung von beihilfenrechtlichen Fragestellungen,
- Beratung bei beihilfenrechtskonformen Gestaltungen (bspw. Betrauungsakt bei DAWI, Darlehen oder Bürgschaften) sowie
- Vorbereitung und Begleitung von Notifizierungen bei der EU-Kommission.
Sie haben Fragen zu unserer Beratung? Wir sind gerne für Sie da.
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