Gemäß § 136 SGB V ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) verpflichtet, zur Sicherstellung medizinischer Qualitätsstandards in der vertragsärztlichen Versorgung und für zugelassene Krankenhäuser entsprechende Beschlüsse und Richtlinien zu erlassen. Zu den Aufgaben des G-BA gehört es gemäß § 137 SGB V dabei auch, zur Förderung der Qualität ein gestuftes System von Folgen der Nichteinhaltung der Qualitätsanforderungen (§§ 136-136c SGB V) festzulegen (Rechtslage seit dem 1.1.2016). Solche Maßnahmen können insbesondere Vergütungsabschläge oder auch der Wegfall des Vergütungsanspruchs sein.
In zwei aktuellen Urteilen hat nun der 1. Senat des Bundessozialgerichts dazu entschieden, ob ein vollständiger Verlust des Vergütungsanspruchs wegen Verstoßes gegen die Mindestanforderungen auch dann zulässig ist, wenn die entsprechende Qualitätssicherungsrichtlinie dies nicht ausdrücklich vorsieht (Urteile vom 12.6.2025, Az. B 1 KR 26/24 R und B 1 KR 30/23 R).
In beiden Fällen stritten das jeweilige Krankenhaus und die zuständige Krankenkasse über die Vergütung stationärer Krankenhausaufenthalte. Krankenkassenseitig wurden Verstöße gegen die Richtlinie zur Kinderonkologie bzw. die Richtlinie zur minimalinvasiven Herzklappenintervention gerügt. Die zunächst gezahlten Vergütungen ließen sich beide Kostenträger im Wege der Aufrechnung mit unstreitigen Forderungen der Kliniken erstatten. Die Krankenhäuser klagten und zogen schlussendlich vor das Bundessozialgericht – mit Erfolg. In beiden Fällen hob das BSG die vorinstanzlichen Entscheidungen auf.
Das BSG stellte klar, dass der G-BA befugt sei, in Qualitätssicherungsrichtlinien Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität der Leistungserbringung festzulegen, die über das allgemeine Qualitätsgebot hinausgehen. Ob es sich dabei um Mindestanforderungen gemäß § 136 Abs. 1 Nr. 2 SGB V handele, müsse der G-BA festlegen. Für diese Fälle sehe § 137 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB V bei Verstößen den Vergütungswegfall als zulässige Rechtsfolge zwar vor. Doch lasse ein Verstoß gegen diese Mindestanforderungen den Vergütungsanspruch nur entfallen, wenn der G-BA diese Rechtsfolge für den Verstoß in der entsprechenden Richtlinie geregelt habe. Da weder in der Richtlinie zur Kinderonkologie noch in der zur minimalinvasiven Herzklappenintervention eine solche Regelung enthalten war, konnte der Vergütungswegfall jedenfalls nicht mit dem Verstoß gegen die G-BA Richtlinie begründet werden.
Mit diesen beiden Urteilen, zu denen aktuell nur der jeweilige Terminbericht verfügbar ist, gibt das Bundessozialgericht seine bisherige Rechtsprechung zum Vergütungswegfall bei Verstößen gegen die Richtlinien des G-BA ausdrücklich auf. Eine abschließende Entscheidung über den jeweiligen Vergütungsanspruch war dem BSG dabei übrigens in keinem der beiden Fälle möglich, da noch zu prüfen bleibt, ob das allgemeine Qualitätsgebot (§ 2 SGB V) eingehalten wurde. Das BSG verwies daher beide Verfahren an die Vorinstanzen zurück und gab den Beteiligten noch einige wichtige Hinweise zum allgemeinen Qualitätsgebot mit auf den Weg. Dazu stellte BSG klar, dass die bloße Nichteinhaltung genereller Strukturvoraussetzungen (zB. Personalausstattung) für einen Verstoß nicht genüge. Vielmehr bedürfe es weiterer Feststellungen zum allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in jedem einzelnen Behandlungsfall.
