Grundsatzentscheidung des BGH zum Liquidationsrecht des Krankenhausträgers - Klarstellungen zum Bereich der Wahlärzte


Viele Jahre lang war es umstritten: das Liquidationsrecht des Krankenhausträgers. Dabei geht es um die Frage, ob es dem Krankenhausträger gestattet ist, wahlärztliche Leistungen, welche üblicherweise von den Chefärztinnen/Chefärzten auf der Grundlage eines ihnen eingeräumten Liquidationsrechts abgerechnet werden, in analoger Anwendung der GOÄ selbst zu liquidieren. Voraussetzung hierfür ist der Abschluss eines sogenannten „totalen Krankenhausaufnahmevertrages“. In diesen Fällen kommt es nur zum Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung zwischen Krankenhausträger und Patientin/Patient. D. h. der Zusatzvertrag, der bei einer gewünschten Liquidation durch die entsprechend berechtigte Wahlärztin/den entsprechend berechtigten Wahlarzt mit der Patientin/dem Patienten zustande kommt, wird hier nicht abgeschlossen. Diese strittige Frage hat der BGH nun vor wenigen Wochen zu Gunsten der Krankenhausträger entschieden (Urteil vom 13.3.2025, Az. III ZR 426/23). Des Weiteren hat der BGH in dieser Entscheidung einige Klarstellungen vorgenommen, die Krankenhausträger zum Anlass nehmen sollten, vor allem zu überprüfen, ob ihre Wahlärztinnen/Wahlärzte den Qualifikationsanforderungen des BGH entsprechen, und ob ihre Formulare - dies gilt insbesondere für solche mit umfangreicher Wahlärzte-/Vertreterliste - die Voraussetzungen wirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) erfüllen.

 

Der Fall

Streitgegenstand war die Vergütung wahlärztlicher Leistungen. Der Beklagte hatte sich im Jahr 2015 zur stationären Behandlung in das Krankenhaus des Klägers begeben. Vor Beginn der Behandlung unterzeichneten beide Parteien unter anderem ein Formular mit der Überschrift „Wahlleistungsvereinbarung“ zum Abschluss eines Vertrages über wahlärztliche Leistungen. Neben diversen Klauseln die Erbringung und Abrechnung der wahlärztlichen Leistungen betreffend enthielt das Formular eine 3-spaltige Tabelle mit einer Wahlärzteliste. Aufgeführt waren die 3 Kliniken sowie mehrere Abteilungen des Krankenhauses des Klägers. Jeder Klinik und Abteilung war dabei ein Wahlarzt zugeordnet, insgesamt 24 Wahlärzte. In Bezug auf 4 dieser Ärzte enthielt eine Spalte der Tabelle mehrere “Vertretungsbereiche“ (differenziert nach Klinikstandort, Station oder fachlichem Unterbereich). Jedem der Vertretungsbereiche war jeweils 1 ständiger Vertreter zugeordnet, so dass einem Wahlarzt mehrere ständige Vertreter zugewiesen waren. Für die übrigen Wahlärzte wurde nicht nach Vertretungsbereichen differenziert. Für jeden einzelnen dieser Wahlärzte wurde 1 ständiger Vertreter benannt. Dabei war keiner der in der Liste genannten Ärzte zur Liquidation seiner Leistungen berechtigt. 

Der Kläger stellte dem Beklagten die erbrachten wahlärztlichen Leistungen in Rechnung. Der Beklagte verneinte einen Vergütungsanspruch des Klägers mit dem Argument, dass diesem bereits kein Liquidationsrecht für wahlärztliche Leistungen zustehe.
 

Die Entscheidung

Der BGH urteilte, dass der Krankenhausträger mit dem Patienten wirksam vereinbaren könne, dass er wahlärztliche Leistungen durch angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses erbringt, ohne dass es dazu eines Zusatzvertrags zwischen den Patienten und dem betreffenden Arzt bedürfe (sogenannter „totaler Krankenhausaufnahmevertrag“). Die auf dieser Vertragsgrundlage erbrachten wahlärztlichen Leistungen dürfe der Krankenhausträger in analoger Anwendung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) oder der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) gesondert berechnen, sofern eine wirksame Wahlleistungsvereinbarung vorliege. Einer solchen Gestaltung stünden die Vorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) nicht entgegen. Die von dem Beklagten vorgetragene „Nichtexistenz eines eigenen Liquidationsrechts“ ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch der Systematik oder Sinn und Zweck oder der Entstehungsgeschichte des § 17 KHEntG.

In diesem Zusammenhang hebt der BGH allerdings auch hervor, dass Wahlärzte nur angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses sein können (BGH, Urteil vom 10.1.2019, Az. 325/17). Des Weiteren, so der 3. Zivilsenat des BGH, erfordere eine wirksame Benennung als Wahlarzt eine Qualifikation, die über den Facharztstandard hinausgehe. Ein zusätzliches Entgelt aufgrund wahlärztlicher Leistungen sei daher erst gerechtfertigt, wenn der behandelnde Wahlarzt über eine herausgehobene Qualifikation verfüge. Gegen diese preisrechtliche Vorgabe verstoße die Benennung eines Arztes als Wahlarzt, der keine besondere Erfahrung oder herausgehobene Kompetenz aufweise. Sie sei daher nichtig (§ 134 BGB). Ob der Arzt über eine leitende Stellung im Klinikbetrieb verfüge, sei indes unerheblich. 

Dass die Wahlärzteliste 24 Wahlärzte benenne, verstoße nicht gegen § 17 KHEntgG, da die Vorschrift keine zahlenmäßigen Vorgaben enthalte. Auch ein Verstoß gegen das für allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) geltende Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sei nicht erkennbar. Denn der Wahlärzteliste lasse sich für jeden der 24 Wahlärzte entnehmen, in welcher Klinik, an welchem Standort und in welchem medizinischen Fachbereich bzw. welchem Teil hiervon er tätig ist. Damit sei hinreichend nachvollziehbar, welcher Wahlarzt für die jeweilige Behandlung konkret in Betracht kommt.
 

Fazit
Das Urteil schafft Rechtssicherheit und führt auf Seiten der Klinikträger zu mehr Flexibilität. Denn nicht nur die Frage des Liquidationsrechts ist nun höchstrichterlich geklärt. Vielmehr steht mit der Entscheidung auch fest, dass einer/einem Wahlärztin/Wahlarzt mehrere Vertreterinnen/Vertreter wirksam zugeordnet werden können, sofern die rechtlichen Vorgaben (Stichwort: Transparenz) beachtet werden.