Wahlleistungsvereinbarung: Aktuelle Rechtsprechung zu Informationspflichten bei vorhersehbarer Verhinderung der Wahlärztin oder des Wahlarztes
Es ist eine Frage, die inzwischen auch den BGH beschäftigt und über die dieser in hoffentlich absehbarer Zeit entscheiden wird: Muss die Patientin oder der Patient über den Grund und die Dauer der Verhinderung der Wahlärztin oder des Wahlarztes informiert werden? Es geht um die Fälle, in denen die Patientin bzw. der Patient eine Vereinbarung über die Erbringung wahlärztlicher Leistungen abgeschlossen hat, die betreffende Wahlärztin bzw. der betreffende Wahlarzt (in der Regel die Chefärztin bzw. der Chefarzt) jedoch verhindert ist. Zu differenzieren ist hierbei zwischen den Fällen, in denen die Verhinderung zum Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung bereits feststeht, und denjenigen, in denen dies nicht der Fall ist. Nach der Rechtsprechung des BGH bedarf es in den Fällen, in denen die Verhinderung zum Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung bereits feststeht oder jedenfalls absehbar ist, einer schriftlichen Stellvertretervereinbarung in Form einer Individualvereinbarung, mit der sich der Wahlärztin oder der Wahlarzt von ihrer bzw. seiner Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung befreien und die Ausführung einer Stellvertreterin einem Stellvertreter übertragen kann. Voraussetzung für den wirksamen Abschluss einer solchen Vereinbarung ist die Beachtung besonderer Aufklärungspflichten, die gegenüber der Patientin bzw. dem Patienten bestehen.
Seitens der privaten Krankenversicherungen wird dazu bereits seit langem vorgetragen, dass es zu den Aufklärungspflichten gehöre, die Patientin bzw. den Patienten über den Grund und die Dauer der Verhinderung zu informieren. Zu dieser Fragestellung liegen inzwischen mehrere instanzgerichtliche Entscheidungen vor. Aktuell zu nennen ist hier ein Urteil des OLG Dresden, das die Auffassung der privaten Krankenversicherung zurückwies (Urteil vom 17.12.2024, Az. 4 U 1004/24).
- Nach Ansicht des OLG Dresden war das Krankenhaus nicht gehalten, den Patienten über den Grund oder die Dauer der Verhinderung des Wahlarztes aufzuklären. Das Gericht verweist dazu zum einen auf einen Beschluss des OLG Zweibrücken (Beschluss vom 3.7.2023, Az. 5 U 34/23) und zum anderen auf die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2007 (Urteil vom 20.12.2007, Az. III ZR 144/07), der – so das OLG Dresden - eine solche Verpflichtung nicht zu entnehmen sei. Auch aus Gründen des Datenschutzes, so heißt es in den Entscheidungsgründen weiter, habe der Patient keinen Anspruch darauf zu erfahren, ob der Wahlarzt im Urlaub oder erkrankt ist oder durch andere berufliche Verpflichtungen gebunden ist. Auch auf die Dauer der Verhinderung müsse nicht hingewiesen werden, da sie für die Entscheidungsfindung des Patienten nicht erheblich sei. Denn selbst bei einer Verschiebung der Operation auf einen späteren Zeitpunkt könne nicht sicher gesagt werden, ob nicht eine neue Verhinderung eintrete.
- Das OLG Dresden entschied jedoch nicht nur über die Frage, ob der Patient über die Gründe und die Dauer der Verhinderung des Chefarztes aufzuklären ist. Vielmehr gelangte das Gericht auch zu der Auffassung, dass das Krankenhaus nicht verpflichtet war, den Patienten bereits bei Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung darüber aufzuklären, dass der Wahlarzt (Chefarzt) am Operationstag verhindert sein wird. Zwar muss der Patient nach der Rechtsprechung des BGH so früh wie möglich über die Verhinderung des Wahlarztes unterrichtet und ihm das Angebot unterbreitet werden, dass an dessen Stelle ein bestimmter Vertreter die wahlärztlichen Leistungen erbringt. Bestimmte zeitliche Grenzen – so das OLG Dresden – habe der BGH allerdings nicht aufgestellt. Er habe lediglich angenommen, dass die Vertretervereinbarung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Abschluss des Wahlleistungsvertrages getroffen werden könne und der Patient in diesem Fall auf diese gesondert ausdrücklich hinzuweisen sei.