Eine kürzlich erfolgte Reform von Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts umfasst u.a. die Einführung der neuen Regelung des § 57 Abs. 3 AO, welche auch für gemeinnützige Unternehmen im Gesundheitsbereich interessant sein dürfte, da hiermit das Kriterium der unmittelbaren Zweckverfolgung auf Kooperationen mit anderen steuerbegünstigten Organisationen ausgeweitet wird.
Bisher galt:
Eine Körperschaft muss nach dem gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundsatz der Unmittelbarkeit ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklichen.
Rechtlich selbständige Servicegesellschaften oder sonstige „Hilfsbetriebe“ konnten mit Blick auf Kooperationen mit einer anderen gemeinnützigen Gesellschaft nicht gemeinnützig sein, wenn sie nicht selbst einen gemeinnützigen Zweck verfolgen. Hierzu wurde in der Bundestags-Drucksache 19/25160 vom 10.12.2020, Seite 202, beispielhaft eine Kooperation einer (Krankenhaus)Wäscherei GmbH mit einem gemeinnützigen Krankenhausträger dargestellt: Eine Wäscherei wird vom Zweckbetrieb eines Krankenhauses im Sinne des § 67 AO mitumfasst und somit mitbegünstigt. Sofern jedoch das Krankenhaus die Wäscherei auf eine Tochter-GmbH ausgliedert, fehlte es bislang am Erfordernis der unmittelbaren Verfolgung gemeinnütziger Zwecke, mit der Folge, dass die Wäscherei-GmbH nicht steuerbegünstigt war, obwohl die Tätigkeit der Wäscherei GmbH mit derjenigen der Wäscherei als Teil der Krankenhausgesellschaft der Tätigkeit nach vergleichbar war.
Nun stellt die neue Regelung des § 57 Abs. 3 AO neue gemeinnützigkeitsrechtlich relevante Möglichkeiten der Kooperation zur Verfügung:
„(3) Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Die §§ 14 sowie 65 bis 68 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für das Vorliegen der Eigenschaft als Zweckbetrieb bei der jeweiligen Körperschaft die Tätigkeiten der nach Satz 1 zusammenwirkenden Körperschaften zusammenzufassen sind.“
Es soll Körperschaften künftig ermöglicht werden, in steuerbegünstigter Weise arbeitsteilig vorzugehen. Der neue Begriff des „planmäßigen Zusammenwirkens“ soll eine bisher erforderliche und fehlende unmittelbare Zweckverfolgung ersetzen. Das gilt insbesondere für die Ausgliederung von Serviceleistungen in eigenständige Körperschaften, ist aber nicht darauf beschränkt (Bundestags-Drucksache 19/25160 vom 10.12.2020, Seite 202).
Für den Fall der Krankenhauswäscherei GmbH bedeutet dies ertragsteuerlich, dass die Leistungen der Krankenhauswäscherei-GmbH gegenüber dem Krankenhaus innerhalb des planmäßigen Zusammenwirkens als Zweckbetriebsleistungen anzusehen sind. Sowohl das Krankenhaus als auch die Wäscherei-GmbH erbringen ihre Leistungen somit jeweils im Rahmen eines Zweckbetriebs im Sinne von § 67 AO. Erbringt die Wäscherei-GmbH hingegen auch Wäschereidienstleistungen an Dritte, begründet sie insoweit einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64 AO). Für die Erbringung von Leistungen außerhalb der Kooperation gelten folglich weiterhin die allgemeinen Regeln.
Die Vorschrift des § 57 Abs. 3 AO betrifft u.E. sowohl Kooperationen zwischen steuerbegünstigten Krankenhauseinrichtungen mit ihren dienstleistenden Tochter- und Enkelgesellschaften, als auch steuerbegünstigte Kooperationen mit Dienstleistern, zu denen kein Beteiligungsverhältnis besteht. Das erforderliche „Zusammenwirken“ in § 57 Abs. 3 AO kann über Dienstleistungen erfolgen, aber auch die Nutzungs-überlassung oder die zentrale Beschaffung von Wirtschaftsgütern reichen hierfür aus. Ferner muss „Planmäßiges Zusammenwirken“ nicht zwingend entgeltlich sein.
Darüber hinaus muss das planmäßige Zusammenwirken „satzungsgemäß“ erfolgen, d.h. die Regelung des § 57 Abs. 3 AO muss in der Satzung der kooperierenden Servicegesellschaft enthalten sein. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass nach § 60 Abs. 2 AO die Gemeinnützigkeit während des ganzen Veranlagungszeitraums gegeben sein muss, was für bestehende Servicegesellschaften bedeutet, dass sie die neue Kooperationsmöglichkeit erst ab 2022 nutzen können, sofern seitens der Finanzverwaltung nicht noch eine Billigkeitsregelung geschaffen wird.
Die Regelung des § 57 Abs. 3 AO gilt seit 29.12.2020 mit Blick auf die Zukunft.
§ 57 Abs. 3 S. 2 AO wirkt sich ferner auf die Umsatzsteuer aus, da der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8. a) UStG zur Anwendung kommen kann, sofern eine umsatzsteuerliche Organschaft nicht vorliegt.
Die Finanzverwaltung hat sich bislang zur konkreten Anwendung sowie zur Tragweite der neuen Vorschrift des § 57 Abs. 3 AO noch nicht verbindlich geäußert. Jedoch wird allgemein gehofft, dass dies noch in diesem Jahr durch Anpassung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung erfolgen wird.
Im Zusammenhang mit der Neuregelung des § 57 Abs. 3 AO sind neben den steuerlichen Überlegungen gesellschaftsrechtliche und arbeitsrechtliche Aspekte ggf. zu berücksichtigen.
Abschließend verweisen wir auch noch kurz auf die Neuregelung des § 57 Abs. 4 AO, nach der eine Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 1 verfolgt, wenn sie ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet. Hält eine Körperschaft ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften (z.B. nach Ausgliederung sämtlicher operativen Tätigkeiten auf Beteiligungs-gesellschaften), war diese Tätigkeit bislang nicht steuerbegünstigt, wenn die Körperschaft ausschließlich typische Aufgaben einer Holdinggesellschaft wahrnahm. Dieses Ergebnis berücksichtigte nicht, dass sich durch die Aufteilung der Tätigkeit auf mehrere Gesellschaften nur die Struktur, aber nicht das gemeinnützige Gesamtbild ändert. Soweit die Holding nun zukünftig entgeltliche Leistungen gegenüber ihren Kapitalgesellschaften ausführt, an denen sie beteiligt ist, beurteilen sich diese nach den allgemeinen Regelungen.
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