Koalitionsvertrag - Aspekte des Verkehrs und der Mobilität

Am 24.11.2021 wurde der Koalitionsvertrag der künftigen Bundesregierung vorgestellt. Er enthält einige wichtige Aspekte in Bezug auf die künftige Mobilitäts- und Verkehrspolitik.

  • Übergeordnete Ziele der künftigen Mobilitäts- und Verkehrspolitik
    • Mobilität soll nachhaltig, effizient, barrierefrei, intelligent und für alle bezahlbar gestaltet werden.
    • Dekarbonisierung des Mobilitätsbereich
      • Ausbau und Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur
      • Entwicklung vielfältiger Mobilitätsangebote in Stadt und Land
         
  • Verkehrsinfrastruktur
    • Investitionen in die Infrastruktur werden weiter erhöht und langfristig abgesichert
      • Fokussierung der Investitionen auf „die Schiene“ (Bahnverkehr) – prioritäre Umsetzung von Projekten des sog. „Deutschlandtaktes“
      • Investitionen in Bundesfernstraßen mit dem Fokus Erhalt und Sanierung (Erhöhung des Etats für Erhaltungsmittel schrittweise bis 2025)
    • Bundesverkehrswegeplan
      • Prioritäten bei der Umsetzung des geltenden Bundesverkehrswegeplans werden in einem Dialogprozess mit Verkehrs-, Umwelt-, Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden bestimmt.
      • Auf Basis neuer Kriterien wird ein neuer Bundesverkehrswege- und -mobilitätsplan 2040 auf den Weg gebracht.
    • LKW-Maut
      • Im Jahr 2023 wird eine CO₂-Differenzierung vorgenommen
        • Einbeziehung des gewerblichen Güterkraftverkehrs ab 3,5 t
        • Einführung eines CO₂-Zuschlags, um Doppelbelastung durch CO₂-Preis auszuschließen
    • Lärmschutz
      • Bessere Finanzierung der Lärmsanierungsprogramme für Bundesfernstraßen und Schienenwege
      • Innovative Technik zur Lärmvermeidung (z.B. neue Güterwagen) werden bis zur Markteinführung staatlich unterstützt.
         
  • Autoverkehr
    • Elektromobilität
      • Deutschland soll zum Leitmarkt für Elektromobilität, zum Innovationsstandort für autonomes Fahren werden. Rahmenbedingungen und Fördermaßnahmen werden darauf ausgerichtet.
      • Bis zum Jahr 2030 sollen mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw in den Verkehr gebracht worden sein.
      • Der Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur soll massiv beschleunigt werden.
        • Bis zum Jahr 20300 sollen eine Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugänglichen Ladepunkte mit Schwerpunkt auf Schnellladeinfrastruktur gebaut werden.
        • Hemmnisse in Genehmigungsprozessen, bei der Netzinfrastruktur und den Netzanschlussbedingungen sollen abgebaut werden.
        • Die Kommunen sollen bei einer vorausschauenden Planung der Ladeinfrastruktur unterstützen werden.
        • Bidirektionales Laden soll ermöglichen werden.
           
  • Güterverkehr
    • Die neue Bundesregierung beabsichtigt eine Unterstützung und Förderung von:
      • regionaler Güterverkehrskonzepten
      • emissionsfreier Stadtlogistik sowie Ladezonen und Logistik-Hubs
    • Die Genehmigungspraxis von Schwerlast- und Großraumtransporten soll erleichtert werden
    • Sichere LKW-Stellplätze an und um Autobahnen sollen ausgebaut und telematisch optimiert werden.
    • Die neue Bundesregierung wird sich für eine Weiterentwicklung der CO₂-Flottengrenzwerte für Nutzfahrzeuge einsetzen und die Vorschläge der Europäischen Kommission für den Aufbau von Tank- und Ladeinfrastruktur für Lkw unterstützen.
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      • Der Aufbau eines flächendeckenden Netzes an Schnellade-Hubs soll beschleunigt und die Anzahl der ausgeschriebenen Hubs erhöht werden.
      • Der „Masterplan Ladeinfrastruktur“ soll zügig überarbeitet und darin notwendige Maßnahmen aus den Bereichen Bau, Energie und Verkehr gebündelt werden, wobei der Schwerpunkt auf kommunale Vernetzung der Lösungen gelegt wird.
    • Die Transformation der Automobilindustrie soll unterstützt werden
      • Wandel in den Automobilregionen hin zu Elektromobilität soll durch gezielte Clusterförderung unterstützt werden.
      • Die Fortführung und Weiterentwicklung der Europäischen Batterieprojekte (IPCEI) sowie die Ansiedelung weiterer Zellproduktionsstandorte einschließlich Recycling in Deutschland soll eine zentrale Bedeutung zukommen.
      • Der Forschung an neuen nachhaltigen Batterie-Generationen soll verstärkt werden.
      • Kooperations- und Dialogformate im Bereich Automobilwirtschaft sollen in einer Strategieplattform „Transformation Automobilwirtschaft“ mit Mobilitätswirtschaft, Umwelt- und Verkehrsverbänden, Sozialpartnern, Wissenschaft, Bundestag, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden mit den zuständigen Bundesressorts gebündelt werden.
  • CO₂-neutrale Fahrzeuge (E-Fuels)
    • Nach den Vorschlägen der Europäischen Kommission werden im Verkehrsbereich in Europa im Jahr 2035 nur noch CO₂-neutrale Fahrzeuge zugelassen. Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte setzt sich Bundesregierung dafür ein, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können.
  • EURO 7
    • Die neue Bundesregierung setzt sich für die Verabschiedung einer ambitionierten und umsetzbaren Schadstoffnorm EURO 7 ein
       
  • ÖPNV und neue Mobilitätsangebote
    • Die Bundesländer und Kommunen sollen bei der Erhöhung der Kapazität und Attraktivität des ÖPNV unterstützt werden.
      • Auch in 2022 werden pandemiebedingte Einnahmeausfälle ausgeglichen
      • Bund, Länder und Kommunen sollen sich in einem Ausbau- und Modernisierungspakt über die Finanzierung bis 2030 einschließlich der Eigenanteile der Länder und Kommunen und die Aufteilung der Bundesmittel verständigen sowie Tarifstrukturen diskutieren.
      • Erhöhung der Regionalisierungsmittel ab 2022
    • Verkehrsunternehmen und Mobilitätsanbieter sollen verpflichtet werden, ihre Echtzeitdaten unter fairen Bedingungen bereitzustellen, um eine nahtlose Mobilität zu ermöglichen.
    • Stärkung von intermodalen Verknüpfungen und Förderung von barrierefreien Mobilitätsstationen
    • Digitale Mobilitätsdienste, innovative Mobilitätslösungen und Carsharing sollen unterstützt und in eine langfristige Strategie für autonomes und vernetztes Fahren öffentlicher Verkehre einbezogen werden.
    • Die bestehende Förderung für klimaneutrale Busse und dazugehörige Infrastruktur wird verlängert und mittelstandsfreundlicher ausgestaltet.
    • Die neue Bundesregierung will sich für faire Arbeitsbindungen im ÖPNV einsetzen
      • Es soll eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden, dass Tarifverträge zur Bedingung bei Ausschreibungen im ÖPNV gemacht werden, wobei mittelständige Interessen berücksichtigt werden und am Vorrang der eigenwirtschaftlichen Verkehre festgehalten wird.
    • Für autonome und vernetzte öffentliche Verkehre soll es eine langfristige Strategie für digitale Mobilitätsdienste, innovative Mobilitätslösungen und Carsharing geben. Deutschland soll zum Innovationsstandort für autonomes Fahren werden.
    • Das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Straßenverkehrsordnung (StVO) sollen auf Klima- und Umweltschutz ausgerichtet werden. Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung sollen als Gesetzesziele berücksichtigt und mit den bestehenden verkehrlichen Zielen auf eine Stufe gehoben werden.
       
  • Bahnverkehr
    • Weiterentwicklung des „Masterplans Schienenverkehr“
      • Bis 2030 Steigerung des Schienengüterverkehrs auf 25%
      • Bis 2030 Verdoppelung der Verkehrsleistung im Personenverkehr
    • „Sofern haushalterisch machbar, soll die Nutzung der Schiene günstiger werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Bahnen zu stärken.“
    • Es sollen mehr Oberzentren an den Fernverkehr angeschlossen werden.
    • Stärkung des grenzüberschreitenden Verkehrs und Aufbau von Nachtzugangeboten innerhalb der EU
    • Bis 2030 sollen 75% des Schienennetzes elektrifiziert und innovative Antriebstechnologien unterstützt werden.
    • Die Digitalisierung von Fahrzeugen und Strecken soll prioritär vorangetrieben werden.
    • Erstellung eines Programms „Schnelle Kapazitätserweiterung“, u.a.
      • Erweiterung des Streckennetzes
      • Reaktivierung von Strecken
      • Vermeidung von Streckenstilllegungen
      • Einsetzung einer „Beschleunigungskommission Schiene“
    • Bei neuen Gewerbe- und Industriegebieten soll die Schienenanbindung verpflichtend geprüft werden.
    • KV-Terminals sollen weiter gefördert, die Kranbarkeit von Standard-Sattelaufliegern vorangetrieben und der Zu- und Ablauf bis max. 50 km von der LWK-Maut freigestellt werden.
    • Deutsche Bahn AG:
      • Die DB AG soll im öffentlichen Eigentum als integrierten Konzern (inkl. des konzerninternen Arbeitsmarktes) erhalten bleiben
      • Die Infrastruktureinheiten (DB Netz, DB Station und Service) werden innerhalb des Konzerns zu einer neuen, gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammengelegt.
      • Gewinne aus dem Betrieb der Infrastruktursparte sollen direkt reinvestiert werden, um eine markt- und gewinnorientierte Führung zu gewährleisten.
      • Die Investitionsmittel des Bundes für die DB Infrastruktur sollen erhöht werden.
         
  • Schiffsverkehr
    • Im Güterverkehr soll der Schiffsanteil erhöht und dazu die Hinterlandanbindungen verstärkt werden.
    • Landstrom und alternative Antriebe und Kraftstoffe sollen gefördert werden.
    • Das Flottenerneuerungsprogramm für klimafreundliche Binnenschifffahrt soll angepasst werden.
    • Bei der Ausgestaltung von „Fit for 55“ soll die Gesamtbelastungen für die Schifffahrt im Blick behalten werden.
    • Um den Offshore-Windenergieausbau zu beschleunigen, soll das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie gestärkt werden.
       
  • Luftverkehr
    • Deutschland soll Vorreiter beim CO₂-neutralen Fliegen werden.
    • Die Erforschung und der Markthochlauf von synthetischen Kraftstoffen in Luft- und Raumfahrt soll unterstützt werden.
    • Bis zur europäischen Entscheidung über die Einführung einer Kerosinsteuer in Anlehnung an den Energiegehalt werden wird sich die neue Bundesregierung dafür einsetzen, auch europaweit eine Luftverkehrsabgabe einzuführen, wie sie in Deutschland erhoben wird.
    • Bei der Europäischen Union wird sich dafür eingesetzt, dass Flugtickets nicht zu einem Preis unterhalb der Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren verkauft werden dürfen.
    • Einnahmen aus der Luftverkehrssteuer soll für die Förderung von Produktion und Einsatz von CO₂-neutralen strombasierten Flugkraftstoffen sowie für Forschung, Entwicklung und Flottenmodernisierung im Luftverkehr eingesetzt werden.
    • Um einen Markthochlauf anzureizen, werden ambitionierte Quoten für Power-to-Liquid (PtL-Quoten) im Luft- und Schiffsverkehr unterstützt.
    • Die neue Bundesregierung wird sich auf EU-Ebene für die Umsetzung des „Single European Sky“ und einen niedrigeren Schwefelgehalt von Kerosin einsetzen.