Bundesrat stimmt Bürokratieabbau zu – Ende des Schriftformerfordernisses im Arbeitsrecht?

Zahlreiche arbeitsrechtliche Gesetze sehen vor, dass Verträge, Anträge oder Nachweise der Schriftform (handschriftliche Unterzeichnung) bedürfen. Dieser bürokratische Aufwand wird mit Inkrafttreten des Bürokratieentlastungsgesetzes IV - in weiten Teilen voraussichtlich zum 1. Januar 2025 - verringert. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 18. Oktober 2024 zugestimmt. Für das Arbeitsrecht werden mit Inkrafttreten des Gesetzes insbesondere folgende wesentlichen Erleichterungen gelten:

  • Arbeitszeugnis: Das bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bislang schriftlich auszustellende Zeugnis kann mit Einwilligung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers in elektronischer Form erteilt werden.
  • Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen: Der Nachweis wird grundsätzlich in Textform möglich sein. Konkret ist vorgesehen, dass der Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen in Textform abgefasst und elektronisch übermittelt werden kann, sofern das Dokument für die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer mit der Übermittlung auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Hierzu bestehen einige Ausnahmen, z.B. muss der Arbeitgeber auf Verlangen der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers dennoch einen schriftlichen Nachweis erbringen.
  • Arbeitsverträge: Arbeitsverträge bedürfen bereits heute nicht der Schriftform. Allerdings muss eine in Arbeitsverträgen häufig vorgesehene vertragliche Regelung, wonach das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet (sog. Altersbefristung), bislang schriftlich erfolgen. Künftig wird auch für die Altersbefristung die Textform ausreichen.
  • Arbeitnehmerüberlassung: Der Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher kann künftig in Textform erfolgen. Auch der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen der Leiharbeitnehmerin bzw. des Leiharbeitnehmers bedarf wegen der Änderungen des Nachweisgesetzes regelmäßig nicht mehr der Schriftform. Hier reicht die Textform, wenn die weiteren Voraussetzungen des Nachweisgesetzes vorliegen. Allerdings ist auch hier auf die im Nachweisgesetz vorgesehenen Ausnahmen zu achten.
  • Eltern-, Pflege und Familienpflegezeit: Das Verlangen einer Eltern-, Pflege- oder Familienpflegezeit wird ebenfalls in Textform möglich sein. Dasselbe gilt für den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit.
  • Aushang des Arbeitszeitgesetzes: Anstatt das Arbeitszeitgesetz im Betrieb auszuhängen oder auszulegen, kann der Arbeitgeber grundsätzlich die geforderten Informationen künftig über die im Betrieb übliche Informations- und Kommunikationstechnik (z.B. im Intranet) elektronisch zur Verfügung stellen.

Die beabsichtigten Formerleichterungen werden für viele Arbeitgeber eine erhebliche Entlastung in ihrer täglichen HR-Arbeit darstellen. An Bedeutung gewinnen wird der Nachweis, ob und wann das jeweilige Dokument der anderen Partei zugeht. Im Übrigen ist bei der elektronischen Signatur (erforderlich ist eine qualifizierte elektronische Signatur gem. § 126a des Bürgerlichen Gesetzbuchs) wie bisher stets zu prüfen, ob sie den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Zudem ist Vorsicht geboten, da für verschiedene arbeitsrechtliche Bereiche weiterhin die Schriftform gilt, z.B. bei befristeten Arbeitsverträgen, Kündigungen und Aufhebungsverträgen. Bestimmte neue Regelungen - wie die Erleichterungen im Nachweisgesetz – gelten nicht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Bereich der in § 2a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes aufgeführten Branchen tätig sind (z.B. im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, in der Baubranche, im Gebäudereinigungsgewerbe, Fleischverarbeitungsgewerbe etc.). Schließlich gelten die Erleichterungen nicht, wenn ein Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag die Schriftform vorschreibt.

Wir stehen Ihnen bei arbeitsrechtlichem Beratungsbedarf selbstverständlich gerne zur Verfügung.