BMWK bringt Maßnahmen im Energiesektor auf den Weg

Referentenentwürfe zur EEG-Novelle, zum Energie-Umlagen-Gesetz und zum EEG-Entlastungsgesetz liegen vor.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat ein Sofortprogramm erarbeitet (Stand: 28. Februar 2022), das zeitnah im Kabinett beschlossen werden soll.

1. Es handelt sich dabei um das sog. Osterpaket, mit dem u.a.

  • das EEG novelliert („EEG 2023“) und
  • die Erhebung energiewirtschaftlicher Umlagen in einem neu gestalteten Energie-Umlagen-Gesetz („EnUG“) vereinheitlicht und entbürokratisiert werden soll.

2. Daneben ist ein Gesetz zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage („EEG-Entlastungsgesetz“) erarbeitet worden, mit dem sichergestellt werden soll, dass die Kostenentlastung durch den Wegfall der EEG-Umlage tatsächlich an die Verbraucher weitergegeben wird.

Osterpaket u.a. mit Referentenentwurf für EEG 2023

Unter dem Titel „Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“ wird ein ambitioniertes Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Es soll nicht weniger als die „größte Beschleunigungsnovelle des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes seit seinem Bestehen“ werden. Geplant ist, dass das EEG 2023 am 1. Januar 2023 in Kraft treten soll.

Die wesentlichen Inhalte des Referentenentwurfs für das EEG 2023 lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Anpassung der gesetzlichen Ausbauziele:
    • Bis 2030: Deckung von 80 % (entspricht 572 TWh) des Bruttostromverbrauchs aus Strom, der aus erneuerbaren Energien erzeugt wird.
    • Ab 2035: Treibhausgasneutralität der inländischen Stromerzeugung – nahezu vollständige Deckung der Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien.
  • Anhebung der Zuschlagsgrenze für Anlagen in anderen EU-Mitgliedstaaten von 5 % auf 20 %
  • Vorrang für erneuerbare Energien (Schutzgüterabwägung):
    • Verankerung des Grundsatzes, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient, mit dem Ziel der Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien in allen Rechtsgebieten.
  • Prüfung alternativer Förderinstrumente:
    • Es wird geprüft, ob die Förderung erneuerbarer Energien künftig durch weitere Regelungsansätze ergänzt oder ersetzt werden kann (z.B. durch die Einführung von Differenzverträgen - sog. Contracts for Difference – „CfD“). Zu diesem Zweck ist im Referentenentwurf eine Verordnungsermächtigung vorgesehen, auf deren Grundlage künftig Anpassungen am Fördersystem vorgenommen werden können. Die Entscheidung über eine Umstellung soll nach vertiefter Prüfung erfolgen.
  • Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie an Land:
    • Anhebung der Ausschreibungsvolumina; Verteilung auf vier Gebotstermine
    • Hemmnisse für Windenergie an Land (z.B. Natur- und Artenschutzrecht) sollen durch gesonderte Gesetzgebungsverfahren abgebaut werden. Hierzu soll im Sommer im Kabinett ein Windenergie-an-Land-Gesetz beschlossen werden. 
  • Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie Offshore:
    • Anhebung der Ausbauziele (bis 2030: 30 GW, bis 2035: 40 GW und bis 2045: 70 GW)
    • Erhöhung der Ausschreibungsmengen mit Novelle des WindSeeG (2023 bis 2026) auf 5 – 7 GW; ab 2027 jährlich 4 GW.
    • Neugestaltung des Förderregimes: zwei verschiedene Ausschreibungsdesigns für die verschiedenen Flächen.
      • Zentral voruntersuchte Flächen werden über zwanzigjährige CfD ausgeschrieben.
      • Nicht zentral voruntersuchte Flächen werden über qualitative Kriterien ausgeschrieben.
    • Es soll daneben noch ein umfassendes Paket von Maßnahmen erlassen werden, insbesondere zur Bündelung von Umweltprüfungen, zur Einführung eines Plangenehmigungsverfahrens für zentral voruntersuchte Flächen, zu Vorgaben der Dauer für Planungs- und Genehmigungsverfahren und die Vorgabe von ambitionierten Realisierungsfristen.
  • Beschleunigung des Ausbaus der Solarenergie:
    • Erhöhung der Ausschreibungsvolumina
    • Schwellenwert für verpflichtende Teilnahme an Ausschreibungen wird auf 1 MW (statt 750 kW) angehoben.
    • Erweiterung der Flächenkulisse von PV-Freiflächenanlagen (Aqua-, Agri- und Parkplatz-PV, landwirtschaftliche genutzte Moorböden)
    • Vergütung außerhalb der Ausschreibungen (PV-Dachanlagen): Differenzierung zwischen Voll- und Überschusseinspeisung; Aussetzung der Degression der gesetzlich festlegten Vergütungssätze in 2022 und ab 2023 Umstellung auf halbjährliche Degression; Entfallen des sog. „atmenden Deckels“.
  • Fokussierung der Biomassenutzung auf hochflexible Spitzenlastkraftwerke:
    • Bioenergie soll ihre Stärke als speicherbarer Energieträger zunehmend systemdienlich ausspielen und einen größeren Beitrag zur sicheren Stromversorgung leisten.
    • Biomethan soll künftig nur noch in hochflexiblen Kraftwerken eingesetzt werden (Stromerzeugung höchstens an 10 % der Stunden eines Jahres) – zugleich Wegfall der Größenbegrenzung von bisher 10 MW für Biomethananlagen.
    • Geplant ist überdies eine nachhaltige Biomasse-Strategie, die später gesetzlich umgesetzt werden soll.
  • Fortführung Innovationsausschreibungen bei Umstellung auf gleitende Marktprämie
  • Ausrichtung neuer Biomethan- und KWK-Anlagen auf Wasserstoff („H2-ready“)
  • Neues Ausschreibungssegment: Innovative Konzepte mit wasserstoffbasierter Stromspeicherung (bei Rückverstromung)
  • Bürgerenergiegesellschaften
    • Vergütung außerhalb der Ausschreibungen bei Windenergieanlagen an Land bis 18 MW und bei Solaranlagen bis 6 MW
    • Neue Anforderungen an Bürgerenergiegesellschaften: mind. 50 natürliche Personen mit insgesamt 75% der Stimmrechte; im Übrigen nur Beteiligung von kleinen und mittleren Unternehmen
  • Weiterentwicklung der finanziellen Beteiligung der Kommunen:
    • Das Instrument der Akzeptanzsteigerung soll künftig auch ungeförderte Windenergieanlagen an Land (sonstige Direktvermarktung) sowie Bestandsanlagen nutzen können (vgl. unseren Beitrag zur bisherigen Regelung des § 6 EEG).
    • Im Interesse des Naturschutzes sollen die Kommunen bei (geförderten und ungeförderten) Freiflächenanlagen naturschutzfachliche Vorgaben machen können.

Referentenentwurf EnUG

  • Wegfall der EEG-Umlage:
    • Ausgleich des Finanzierungsbedarfs für erneuerbare Energien durch Bundeshaushalt (Zuschüsse zum EEG-Konto der Übertragungsnetzbetreiber)
    • Zur Vermeidung eventueller Finanzierungsrisiken bei den Übertragungsnetzbetreibern soll aber die bisherige Möglichkeit zur Refinanzierung der EEG-Förderkosten hilfsweise erhalten bleiben.
  • Vereinheitlichung der Wälzung der KWK-Umlage und Offshore-Netzumlage:
    • Netzentnahme als Erhebungsvoraussetzung
    • Keine Umlagen auf Eigenverbräuche (Eigenversorgung) und Direktbelieferungen hinter dem Netzverknüpfungspunkt
    • Im Interesse der Sektorenkopplung werden zudem Wärmepumpen von den Umlagen befreit.
    • Besondere Ausgleichsregelung:
      • Anpassung an neue Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der EU-Kommission angepasst (u.a. Anforderungen an Energieeffizienz, Deckung von 30 % des Stromverbrauchs durch ungeförderten Strom aus erneuerbaren Energien oder Investitionen für Maßnahmen zur Dekarbonisierung)
      • Erleichterungen der Nachweisführung:
        • Abschaffung der Stromkostenintensität
        • Wirtschaftsprüfertestate nur bei Beantragung einer Begrenzung nach dem sog. Super-Cap
    • Die bisherigen Regelungen im EEG zu geringfügigen Stromverbräuchen Dritter sowie zur Messung und Schätzung werden ins EnUG überführt (und gelten durch entsprechenden Verweis auch für die § 19 StromNEV-Umlage).
  • Novellierung Stromkennzeichnung und Vereinfachung von Herkunftsnachweisen bei gekoppelter Lieferung

EEG-Entlastungsgesetz

Für die Abschaffung der EEG-Umlage im zweiten Halbjahr 2022 hat das BMWK zudem eine Formulierungshilfe für die Bundestagsfraktionen erarbeitet. Es handelt sich um den Entwurf eines Gesetzes zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher, das zeitlich noch vor dem sog. Osterpaket erlassen werden soll.

Mit diesem Gesetz soll die EEG-Umlage vorgezogen bereits mit Wirkung vom 1. Juli 2022 und befristet bis zum 31. Dezember 2022 auf null gesetzt werden. Es handelt sich um den ersten Schritt zur vollständigen Haushaltsfinanzierung des EEG. Die dauerhafte Haushaltsfinanzierung erfolgt in einem zweiten Schritt durch die bevorstehende EEG-Novelle im Rahmen des Sofortprogramms (s.o.).

Der Entwurf enthält zudem einige Anpassungen im EnWG, mit denen die Absenkung der EEG-Umlage an Letztverbraucher weitergegeben wird.

Die Versorger (Grundversorger und sonstige Lieferanten) werden in den Übergangsbestimmungen des EnWG (§ 118 EnWG) verpflichtet, zum 1. Juli 2022 ihre Preise in dem Umfang zu mindern, um den die EEG-Umlage gesenkt wird. Ziel ist es zu vermeiden, dass trotz der Absenkung der EEG-Umlage auf null der Strompreis für die Letztverbraucher nicht hinreichend transparent gesenkt wird und so inzident eine tatsächliche Preiserhöhung durch eine Erhöhung des Versorgeranteils erfolgt. Damit ist verbunden, dass die Versorger zum 1. Juli 2022 die Strompreise nicht aus anderen Gründen (z.B. wegen höherer Bezugskosten) anpassen. Der gesetzliche Eingriff in diese Vertragsverhältnisse wird auf den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2022 begrenzt. 

Zeitplan der Gesetzgebungsverfahren

Die drei Gesetzesentwürfe werden nun der Ressortabstimmung zugeführt. Das EEG-Entlastungsgesetz soll Anfang März im Kabinett beschlossen und im Anschluss im Bundestag eingebracht werden, um rechtzeitig vor dem 1. Juli 2022 in Kraft treten zu können. Das Gesetzgebungsverfahren zum sog. Osterpaket (u.a. EEG-2023, EnUG) soll vor der Sommerpause abgeschlossen werden, damit im zweiten Halbjahr die beihilfenrechtlichen Verhandlungen mit der EU-Kommission stattfinden können. Das Artikelgesetz soll grundsätzlich zum 1. Januar 2023 in Kraft treten

 

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