Die 3 Säulen der neuen Fachkräfteeinwanderungspolitik

AUSGANGSSITUATION

Das Bundeskabinett hat am 30.11.2022 die Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung vorgestellt. Mit der Umsetzung der Eckpunkte soll das Einwanderungsrecht für Fachkräfte weiterentwickelt und modernisiert werden. Die Fachkräfteeinwanderung soll zukünftig auf 3 Säulen ruhen:

1. SÄULE: FACHKRÄFTE

Sie umfasst wie bisher:

  • Die Blaue Karte EU für ausländische Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen
  • sowie die nationale Aufenthaltserlaubnis für ausländische Fachkräfte mit einem deutschen oder in Deutschland anerkannten Abschluss (Hochschulabsolventen oder beruflich Qualifizierte).

Darüber hinaus sind folgende Maßnahmen geplant:

  • Die Bildungsmigration zur Gewinnung von Fachkräften z.B. durch den Zuzug nach Deutschland zur Aufnahme einer Berufsausbildung oder eines Studiums soll weiter gestärkt werden.
  • Fachkräfte i.S.d. §18 Abs. 3 AufenthG sollen künftig jede qualifizierte Beschäftigung ausüben können (vgl. Privilegien der Blauen Karte EU).
  • Für die Blaue Karte EU sollen die bestehenden Gehaltsschwellen abgesenkt (auf das 1,25-fache des Durchschnittsgehalts bzw. das 1,0-fache bei Mangelberufen) und so attraktivere Bedingungen für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger geschaffen werden.
  • Die Hürden zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen werden verringert, z.B. durch die Nachreichung von Unterlagen erst nach der Ausreise sowie die Verlängerungen von Laufzeiten für Qualifikationsmaßnahmen.
  • Die Frist für die Erlangung der allgemeinen Niederlassungserlaubnis soll von fünf auf drei Jahre (§18c Abs. 1 AufenthG) verkürzt werden.

Ziel: Bessere Bedingungen für ausländische Fachkräfte

2. SÄULE: ERFAHRUNG

  • Drittstaatsangehörigen soll die Einwanderung ermöglicht werden, wenn sie mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und einen in ihrem Herkunftsland staatlich anerkannten mindestens zweijährigen Berufsabschluss erworben haben; in nicht reglementierten Berufen soll künftig darauf verzichtet werden, dass der Abschluss in Deutschland formal anerkannt sein muss.
  • Weitere Verbesserungen sind für berufserfahrene IT-Spezialisten geplant; die Gehaltsschwelle soll gesenkt (angepasst an die für Blaue Karte EU (Mangelberufe) und auf den Nachweis von Deutschkenntnissen gänzlich verzichtet werden.
  • Auch wenn die Gehaltsschwelle nicht erreicht wird, soll künftig mit der Anerkennungspartnerschaft die Aufnahme einer Beschäftigung in Deutschland ermöglicht werden, wenn parallel die Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses betrieben wird. Dazu kann das Anerkennungsverfahren - anders als bisher - erst im Inland initiiert werden. Beschäftigte und Arbeitgeber verpflichten sich, das Anerkennungsverfahren zügig durchzuführen. Im Gegenzug soll die künftige Fachkraft in Deutschland bereits vom ersten Tag an eine Beschäftigung aufnehmen können, obwohl ihr Berufsabschluss noch nicht anerkannt ist, soweit dies berufsrechtlich erlaubt ist. Dies würde auch gelten, wenn noch Qualifizierungen notwendig sind.

Ziel: Leichterer Zugang für Menschen mit Berufserfahrung

3. SÄULE: POTENZIAL

  • Weiterhin ist zur Arbeitsplatzsuche die Einführung einer Chancenkarte geplant, welche auf einem transparenten und unbürokratischen Punktesystem basieren soll. Auswahlkriterien sollen Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter beinhalten.
  • Bei einer anerkannten Qualifikation soll auf die Kriterien entweder ganz verzichtet oder bei teilweiser Vergleichbarkeit sind Erleichterungen bzgl. der Voraussetzungen vorgesehen.
  • Die Chancenkarte soll die mitunter schwierige Suche nach einem Arbeitsplatz aus dem Ausland erleichtern und attraktive Möglichkeiten für Probearbeit oder Nebenbeschäftigung bieten.

Ziel: Chancenkarte zur Arbeitsplatzsuche

WEITERE MAßNAHMEN

  • Bei akutem Arbeitskräftemangel in Bereichen ohne spezielle Qualifikationsanforderungen soll eine kurzzeitige Beschäftigung möglich werden. Dies soll auf Basis von Kontingenten erfolgen bei gleichzeitigem Schutz vor Lohndumping durch Tarifverträge und Sozialversicherungspflicht.
  • Zudem soll die Westbalkanregelung (§26 Abs. 2 BeschV) entfristet und das Kontingent mindestens deutlich erhöht und eine Ausweitung auf weitere Länder angestrebt werden.
  • Deutschland soll als Einwanderungsland stärker beworben und die Sprachförderung weiter ausgebaut werden.
  • Das Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse soll per se verbessert und beschleunigt werden.

FAZIT

Die Weiterentwicklung des Rechtsrahmens basierend auf den oben genannten drei Säulen ist aus aufenthaltsrechtlicher Sicht positiv zu bewerten. Entscheidend wird sein, wie der Gesetzesentwurf in die Umsetzung gebracht wird und vor allem auch, ob die involvierten Behörden und Ämter personell zukünftig besser aufgestellt sein werden. Weniger als der gesetzliche Rahmen stellt dies derzeit oft die größere Hürde für die Einreise sowie die Besetzung offener Stellen durch die dringend benötigten ausländischen Fachkräfte dar.
Die geplante bessere Transparenz im Verwaltungsverfahren, die Digitalisierung des Visumsprozesses sowie eine stärkere Einbindung der Arbeitgeber sind überfällig und aus unserer Sicht die richtigen Schritte. Der Gesetzentwurf wird im Januar 2023 vorgelegt werden. Wir werden diesen und die Umsetzung im Blick behalten.

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