Erweiterung beihilfeberechtigter (Teil-)Sektoren nach der BEHG-Carbon-Leakage-Verordnung

Die Deutsche Emissionshandelsstelle („DEHSt“) gibt in ihrem Leitfaden vom November 2021 Hinweise zum Antragsverfahren zur nachträglichen Anerkennung beihilfeberechtigter Sektoren und zum Besonderen Einstufungsverfahren nach der Verordnung über Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon Leakage durch den nationalen Brennstoffemissionshandel (BEHG-Carbon-Leakage-Verordnung „BECV“).

Hintergrund

Am 1. Januar 2021 startete der nationale Emissionshandel („nEHS“). Der nEHS erfasst solche CO2-Emissionen, die durch den Einsatz von fossilen Brennstoffen entstehen und nicht bereits durch den europäischen Emissionshandel („EU-ETS“) abgedeckt sind. Dies betrifft also die Sektoren Wärme und Verkehr. Danach werden CO2-Emissionen mit einem sog. CO2-Preis belegt, indem für in Verkehr gebrachte fossile Brennstoffe Emissionszertifikate abgegeben werden müssen.

Der CO2-Preis führt damit zu höheren Energiepreisen für alle Verbraucher fossiler Brennstoffe. Damit Unternehmen aufgrund der mit dem CO2-Preis verbundenen Kosten ihre Produktion nicht in andere Länder mit weniger strengen Emissionsauflagen verlagern, können sie Beihilfen zum Erhalt der EU-weiten und internationalen Wettbewerbsfähigkeit in Anspruch nehmen. Die Einzelheiten dazu regelt die BECV. Die Antragstellung erfolgt jeweils zum 30. Juni des Folgejahres (erstmalig 2022). Diese Beihilfen stehen jedoch nicht Unternehmen aller Sektoren zu. Beihilfeberechtigt sind nur die Sektoren und Teilsektoren, die in den Tabellen 1 und 2 der Anlage zur BECV aufgelistet sind.

Nach Abschnitt 6 der BECV (§§ 18 ff. BECV) besteht die Möglichkeit, in einem nachgelagerten Prüfungsverfahren weitere (Teil-)Sektoren mit einem relevanten Carbon-Leakage-Risiko zu identifizieren und als beihilfeberechtigte (Teil-)Sektoren anzuerkennen. Für bereits beihilfeberechtigte (Teil-)Sektoren besteht nach Abschnitt 7 der BECV (§ 23 BECV) die Möglichkeit, ebenfalls in einem nachgelagerten Prüfungsverfahren auf Basis ihrer tatsächlichen Emissionsintensität die Zuordnung eines anderen Kompensationsgrades zu beantragen. Für beide Verfahren sind die Anträge durch den umsatzrelevantesten Zusammenschluss von bzw. Interessenverband für Unternehmen eines (Teil-)Sektors jeweils bei der DEHSt einzureichen. Die Antragsverfahren sind dabei gestaffelt (§ 22 Abs. 2 BECV). Für die Periode 2021-2025 und nur unter Berücksichtigung der Brennstoffe nach Anlage 2 des Gesetzes über einen nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen („BEHG“) sind die Anträge bis zum 28. April 2022 zu stellen. Für die Periode 2023-2025, die dann die Brennstoffe nach Anlage 1 BEHG einbezieht, sind die Anträge bis zum 31. Dezember 2022 zu stellen.

Gerade die Auflistung der beihilfeberechtigten (Teil-)Sektoren kann zukünftig noch bedeutsamer werden, da nicht auszuschließen ist, dass sich auch andere Beihilfen auf die aufgelisteten (Teil-)Sektoren beziehen werden.

Leitfaden der DEHSt

Die Voraussetzungen und Einzelheiten dieser beiden Antragsverfahren waren bisher weitgehend unklar. Durch Veröffentlichung ihres Leitfadens im November 2021 hat die DEHSt nun eine erste Abhilfe geschaffen für die Antragsverfahren für die Periode 2021-2025. Die DEHSt hat zudem angekündigt, Antragsformulare zur Verfügung zu stellen und weitere Hilfestellungen zu verwendbaren Datenquellen sowie konkrete Anforderungen an die Prüfung der Anträge durch Wirtschaftsprüfer in einem Update zu diesem Leitfaden zu veröffentlichen.

In dem Leitfaden werden die beiden Antragsverfahren nicht nur im Überblick dargestellt, sondern der Ablauf der Verfahren ausführlich dargelegt und die Antragsvoraussetzungen konkretisiert. Beispielsweise finden sich im Leitfaden folgende Ausführungen:

  • Der 28. April 2022 stellt eine materielle Ausschlussfrist dar. Ein Fristversäumnis führt zur Ablehnung des Antrags. Die Antragsunterlagen müssen innerhalb der Frist vollständig vorliegen.
  • Die Einreichung der Anträge muss über die Virtuelle Poststelle (VPS) erfolgen. Hierbei ist unbedingt darauf zu achten, dass der Prüfbericht, den der Wirtschaftsprüfer zusammen mit dem geprüften, vollständigen Antrag unter Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur im Anhang einer VPS-Nachricht zurück an den Antragsteller schickt, durch den Antragsteller nur weitergeleitet wird. Erzeugt der Antragsteller eine neue Nachricht und fügt den geprüften Antrag der Nachricht hinzu, wird die Signatur des Wirtschaftsprüfers nicht an die DEHSt weitergegeben.
  • Bei der Antragstellung sind zunächst offizielle, statistische Datenquellen heranzuziehen (z.B. vom Statistischen Bundesamt). Sofern die erforderlichen Daten dort nicht veröffentlicht sind, ist es zulässig, zuverlässige Sekundärquellen (z.B. Datenerhebungen von Industrieverbänden, kommerzielle Datenbanken, Firmendaten) hinzuzuziehen. Fehlen auch solche Sekundärquellen oder bestehen Datenlücken, dürfen konservative Schätzungen vorgenommen werden.
  • Für eine nachträgliche Anerkennung nach quantitativen Kriterien muss gemäß § 20 BECV der nationale Carbon-Leakage-Indikator („nCLI“) den Wert von 0,2 übersteigen. Der nCLI bildet das Carbon-Leakage-Risiko für (Teil-)Sektoren in Deutschland ab. Der nCLI berechnet sich gemäß § 20 Absatz 2 BECV als Produkt aus Handelsintensität und Emissionsintensität der (Teil-)Sektoren der Jahre 2018-2020. Zu dieser Berechnung werden weitere Ausführungen gemacht.
  • Bezüglich der qualitativen Kriterien (Reduktionspotential, Marktbedingungen, Gewinnmargen) für eine nachträgliche Anerkennung nach § 21 BECV werden Kernfragen, Indikatoren und mögliche Datenquellen zur Verfügung gestellt.

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